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Eifel-Camino 2009-2012

  

Datum Strecke Länge Gesamtlänge
1. 24.08.2009 Namedy - Mendig 39 km 39 km
2. 20.09.2009 Mendig - Monreal 22 km 61 km
3. 21.03.2010 Monreal - Maria Martental 17 km 78 km
4. 10.10.2010 Maria Martental - Lutzerath 15 km 93 km
5. 15.03.2011 Lutzerath - Wittlich 36 km 129 km
6. 24.07.2011 Wittlich - Klüsserath 21 km 150 km
7. 18.03.2012 Klausen - Schweich 21 km 171 km

 

  

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Von Namedy nach Mendig (24. August 2009)

Nachdem ich drei Wochen im Dienst bin, hat es mich wieder nach draußen gezogen. Eine Etappe auf einem einheimischen Jakobsweg sollte in Angriff genommen werden. Erstmals verlasse ich dabei die gerade Linie in Richtung Santiago und begebe mich auf den Eifel-Camino, der durch die Matthias-Bruderschaft Mayen im vergangenen Jahr von Namedy bis zum Heunenhof hinter Monreal markiert wurde. Mein Weg führt heute von Namedy über die Abtei Maria Laach nach Mendig. Mit der Bahn fahre ich früh am Morgen von Koblenz nach Namedy und beginne kurz vor acht Uhr meinen Marsch. Zunächst gehe ich durch die Ortsmitte und erreiche die „Hauptstraße“. Nach wenigen Schritten in nördlicher Richtung erreiche ich Burg Namedy. Deren älteste Teile reichen bis in das 14. Jahrhundert zurück. Im vergangenen Jahrhundert ging das inzwischen zum Schloss erweiterte Anwesen in den Besitz des Hauses Hohenzollern über. Seit 1988 finden dort regelmäßig kulturelle Veranstaltungen statt. Vor einigen Wochen hatte ich die Gelegenheit, bei einer dienstlichen Veranstaltung die Innenräume zu bewundern. Diese sind sehr geschmackvoll im Stile der vergangenen Epochen, zum Teil aber auch sehr modern, eingerichtet.

Nun beginnt der eigentliche Eifel-Camino in Richtung Süden, zieht sich gerade durch das Zentrum des Andernacher Stadtteiles. Am Rande sind regelmäßig Wegmarkierungen angebracht, die übliche gelbe Muschel auf blauem Grund. Die Matthias-Bruderschaft hat sich darüber hinaus noch weitere Besonderheiten ausgedacht. Hin und wieder sind am Wegesrand Basaltstelen platziert, in die in Wanderrichtung gelbe Muscheln eingemeißelt sind. An besonderen Örtlichkeiten befinden sich zusätzlich Informationstafeln. Hier erhält man neben allgemeinen Informationen zum Jakobsweg auch nützliche Hinweise zu Gebäuden, Ansiedlungen oder Ereignissen. Diese machen den Eifel-Camino zu etwas Einzigartigem. Dazu gibt es einen eigenen Pilgerausweis und mit einem einheitlichen Design, aber je nach Ort mit unterschiedlichen Motiven versehenen wunderschönen Pilgerstempel. Da in Namedy die Stempelstelle nur unregelmäßig geöffnet hat, habe ich mir diesen bereits vor ein paar Tagen besorgt.

Ich folge nun dem Fahrradweg, der mich neben dem Rhein, der Bahntrasse und unter dem Überflieger der Bundesstraße 9 nach Andernach bringt. Leider hat man hier keinen Ausblick auf die jüngste Attraktion der Stadt, dem Kaltwasser-Geysir, da das Gelände von Wald umgeben ist. Ab dem zugehörigen Erlebniszentrum in der Stadt kann man mit einem Schiff zum Geysir fahren, um die 50 bis 60 Meter hohe Wasserfontäne aus nächster Nähe zu beobachten. Kurz darauf befinde ich mich direkt am Rheinufer in einer Parkanlage, die Sonne entfaltet nun ihre ganze Kraft. Zu meiner Linken liegt der „Alte Krahnen“, der im Jahre 1561 in Betrieb genommen wurde. Nicht weit davon verlasse ich die Rheinanlage durch eine schmale Gasse. Der Pilgerweg führt hier am rückwärtigen Bereich einer Hotelküche vorbei, der neben Abfallbehältern und entsprechenden Gerüchen kein gutes Bild abgibt. Es gilt nun, eine Kreuzung am „Runden Turm“ zu überqueren, einige hundert Meter der „Hauptstraße“ zu folgen, bevor sich vor mir die Liebfrauenkirche (auch Mariendom genannt) auftürmt. Die Kirche ist noch verschlossen, sodass ich mir zuerst im gegenüberliegenden Pfarramt einen weiteren Stempel geben lasse. Jetzt ist auch die Kirche geöffnet und ich nutze die Gelegenheit, sie von innen zu besichtigen. Die dreischiffige Emporenbasilika wurde bis etwa 1220 vollendet, im Laufe der Zeit aber immer wieder zum Teil zerstört, neu errichtet und erweitert. Beeindruckend sind vor allem im Chor die farbenprächtigen Darstellungen. Es geht weiter entlang der „Breiten Straße“. An einer Baustelle ist der Weg nicht klar erkennbar und ich laufe zunächst in die falsche Richtung, ins Zentrum. Ich bemerke aber schnell meinen Irrtum, drehe um und bin wieder auf dem richtigen Weg. Über den „Schillerring“ und die „Stadionstraße“ verlasse ich Andernach. Ich passiere das Stadion sowie das Freischwimmbad und einige Tennisplätze. Nach der Unterquerung der Kreisstraße 47 stehe ich auf freiem Feld mit Blick auf Weißenthurm und die Neuwieder Rheinbrücke. Endlich habe ich die Stadt hinter mir gelassen, es war durch den Straßenverkehr laut und hatte bisher mit besinnlichem Pilgern nicht viel zu tun.

Vor mir tut sich jetzt die Natur auf, ich laufe entlang dem Flüsschen Nette zwischen Maisfeldern, soweit das Auge reicht. Was bleibt, sind die ständigen Geräusche der Fahrzeuge auf der nahe verlaufenden Bundesstraße 9. Schon bald taucht vor mir das nächste Zwischenziel Miesenheim auf. Die dortige katholische Pfarrkirche St. Kastor ist verschlossen, also trotte ich nur eine Ecke weiter zu einer Metzgerei, in der ich meine Mittagsverpflegung einkaufe. Dazu bekomme ich einen weiteren Pilgerstempel. Kurz vor Plaidt werde ich durch eine Informationstafel auf eine Wegvariante aufmerksam, die nach Saffig und der dortigen barocken Pfarrkirche St. Cäcilia führen soll. Ich folge den Wegzeichen, passiere das Freischwimmbad direkt an der Nette und gelange zum Informationszentrum des Vulkanparks, der Rauschermühle. Entweder habe ich unterwegs eine Markierung verpasst oder der Weg nach Saffig ist gar nicht beschildert. Hinter der Rauschermühle wurden an einem naturbelassenen, romantischen Abschnitt der Nette zahlreiche Informationstafeln zum Vulkanismus angebracht, die ich aber aus Zeitgründen ignoriere. An einem Ententeich vorbei gelange ich in die Plaidter „Mühlenstraße“. Hier finde ich auch die katholische Pfarrkirche St. Willibrord. Die gotische Kirche mit ihrem Flügelaltar erinnert mich sehr an die Pfarrkirche in Bad Ems. Ich verweile einige Minuten und komme zum ersten Mal am heutigen Tag ein wenig zur Ruhe, kann meine Gedanken sammeln. Ich hole mir im Gemeindebüro von Plaidt einen weiteren Stempel für den Pilgerpass. Ich sehe nun zu, dass ich das cirka sechs Kilometer entfernte Kruft vor zwölf Uhr erreiche, um auch dort noch im Rathaus einen Stempel zu erhalten. Da sich nun in unmittelbarer Nähe des Weges die Autobahn 61 zu mir gesellt, steigt auch der Lärmpegel wieder an. Es ist auf diesem Abschnitt nicht wichtig für mich, ruhigen Schrittes dem Ziel näher zu kommen. Ich möchte die Unruhe der Autobahn hinter mir lassen und lege ein etwas schnelleres Tempo vor. Eigentlich liege ich am Ortseingang von Kruft noch ganz gut in der Zeit. Aber wieder einmal laufe ich einen Umweg, weil ich eine Abzweigung nicht erkannt habe. So kommt es, wie es kommen musste, ich stehe fünf Minuten nach zwölf vor dem verschlossenen Rathaus.

Jetzt heißt es zu überlegen, wie es weitergehen soll. Ich entscheide mich schnell, hier an Ort und Stelle meine Mittagsrast einzulegen und die in Miesenheim gekauften Frikadellenbrötchen zu vertilgen. Zugleich befreie ich meine Füße von den neuen Wanderstiefeln. Am linken Schienbein habe ich eine Druckstelle, die leicht schmerzt. Wahrscheinlich habe ich den Schuh nicht gut genug geschnürt. Nach der Mahlzeit schaue ich mir noch die über dem Rathaus gelegene katholische Pfarrkirche St. Dionysius an. Der barocke Altar und die Helligkeit des Gotteshauses zieht mich in den Bann. Ich lasse mir Zeit, um noch einmal etwas Ruhe in mich zu bringen. Es ist noch eine gute viertel Stunde, bis das Gemeindebüro öffnet, sodass ich auf einer Bank Platz nehme und meinem Pilgerstab mit dem Taschenmesser zu Leibe rücke. Ich habe mir unterwegs überlegt, eine Kerbe für einhundert Kilometer Pilgerweg in den Stab zu schnitzen. Pünktlich um dreizehn Uhr erhalte ich meinen vierten Stempel und begebe mich wieder auf Wanderschaft. Leider sehe ich in Kruft keine Wegweiser, gelange über die „Hochstraße“ und „Große Gasse“ an die Kreuzung zur Bundesstraße 256. Hier entdecke ich ein Hinweisschild zum weiteren Verlauf des Eifel-Camino. Nach links führt der direkte Weg, nach rechts eine Variante über die Abtei Maria Laach. Dort möchte ich heute auf jeden Fall noch hin. Eine Jakobsmuschel führt mich in die „Waldstraße“, sie soll für eine lange Zeit die letzte gewesen sein. Ich gehe über die „Pellenzstraße“ und den „Alliger Weg“ durch ein Industriegebiet. Ich muss mich ab hier mittels meiner Wanderkarte orientieren und laufe rund einen Kilometer durch abgeerntete Felder. Ein Traktor wirbelt Staub auf, rechts daneben verläuft die laute Autobahn 48 nach Trier. Und dann habe ich erstmals Waldboden unter den Füßen (die paar Meter Feldweg vor Miesenheim zähle ich gar nicht mit), ansonsten haben heute meine Schuhsohlen nur mit Asphalt Bekanntschaft gemacht. Noch besser, dass es nun durch kühlenden Wald geht. Die Hitze wird allmählich unerträglich und meine Wasservorräte neigen sich dem Ende zu. Es sind zwar jetzt auch ein paar Höhenmeter zu überwinden, aber das unter angenehmen Rahmenbedingungen.

Nur ein paar Schritte vor mir blicke ich in die Augen eines Fuchses. Irgendwie scheint ihm diese Begegnung nicht zu behagen, er dreht sich um und verschwindet im Dickicht. Ich bewege mich nun am Rande des „Krufter Ofens“, einem Vulkanschlackekegel. Hier sollen Mineraliensammler reiche Beute machen können. Hohlwege, wohl vor Urzeiten durch Lavaströme entstanden, kennzeichnen den nächsten Streckenabschnitt. Ich trete aus einem solchen Hohlweg heraus und habe eine wunderbare Aussicht auf den tiefblauen Laacher See, auf dem sich vereinzelt Segelboote tummeln. Am Horizont erblicke ich bereits die Türme der Abteikirche. Ich freue mich, bald ein weiteres Zwischenziel zu erreichen und leere meine letzte Wasserflasche in einem Zug. Erst jetzt bemerke ich die Stille am Waldrand, keine Autos und keine Abgase. Ich beschleunige meinen Schritt etwas und stehe bald auf dem Klostergelände. Dort wird gerade kräftig gebaut. Die Buchhandlung erhält ein modernes Aussehen und ist vorübergehend im Empfangsgebäude untergebracht. Dort erhalte ich den nächsten Stempel in meinen Pilgerausweis. Bevor ich weiterlaufe, besuche ich die romanische Abteikirche. Leider ist das Photographieren nicht erwünscht und ich respektiere das natürlich. In der Krypta lasse ich mich für eine kurze Zeit nieder und resümiere schon einmal den bisherigen Verlauf des Tages. Wieder draußen, mache ich zur Erinnerung noch ein Selbstportrait von mir vor der Kirche. Dann ist es Zeit, etwas zu trinken. Die Gelegenheit habe ich an einem Kiosk am gut besetzten Klosterparkplatz. Eine Flasche Radler ist in einem Zug geleert, dazu kaufe ich mir noch eine Flasche Cola. Meine Druckstelle am linken Schienbein meldet sich auch wieder, obwohl ich den Schuh neu geschnürt habe.

Ich mache mich dann auf den Weg, um noch die letzten Kilometer bis nach Mendig zu absolvieren. Kurz hinter dem Kloster treffe ich auch wieder auf die langersehnte Jakobsmuschel. Die Markierung führt mich durch ein kühlendes Stück Laubwald, vorbei am Naturfreundehaus bis zur Autobahnausfahrt Mendig. Inzwischen habe ich festgestellt, dass der gerade zurückgelegte Wegabschnitt auch der markierte Zubringer nach Maria Laach ist. Kleine Pfeile auf den Wegzeichen in beiden Richtungen sprechen eine klare Sprache. Ich laufe nun parallel zu einer stark befahrenen Bundesstraße, knicke aber nach rechts ab und befinde mich etwas abseits auf einer etwas höher gelegenen Ebene. Am Ende dieser Straße wird gerade ein junger Autofahrer von der Polizei überprüft. Hier stoße ich auf einen Kreisverkehr und folge der Muschel.An einem Verkehrsschild ist ein Wegweiser zur Mendiger Pilgerherberge angebracht, der allerdings durch einen Aufkleber fast unleserlich gemacht wurde. Ich laufe weiter geradeaus und suche wieder nach Muscheln. An der Einfahrt in die Straße „In den Mühlwiesen“ finde ich auch wieder eine. In dieser Straße soll sich die Pilgerherberge befinden. Etwa einen halben Kilometer dauert es noch, bis ich vor einem Tor zu einem größeren Hof stehe. Darin befindet sich rechter Hand die Pilgerherberge, die äußerlich geschmackvoll gestaltet ist. Vor der in Erdfarben gehaltenen Herberge ist eine mannshohe Jakobusfigur platziert. Neben der Tür weist ein Schild die Entfernung nach Santiago de Compostela aus, nämlich 2408 Kilometer. Leider habe ich keine Möglichkeit, mir die Herberge anzuschauen, da ich niemanden antreffe und auch keinen Hinweis vorfinde. So beende ich die heutige Pilgeretappe und folge wiederum den Wegweisern, die mich zuerst zur Pfarrkirche St. Genovefa in Obermendig führt. Diese ist jedoch, wie schon so oft heute festgestellt, nicht geöffnet. Nach meinen Unterlagen sollte ich im Pfarramt der katholischen Gemeinde St. Cyriakus noch einen Pilgerstempel erhalten. Nach einem kurzen Besuch des zugänglichen Teils der Kirche finde ich auch das Pfarramt. Dort wird mir aber freundlich erläutert, dass es den Stempel nur im Gemeindebüro der Stadt gibt. Auf dem Weg zum Rathaus werde ich von einer Gruppe Jugendlicher angepöbelt, ich lasse sie unbeachtet stehen. Am Rathaus selbst stelle ich fest, dass dieses leider seit fünf Minuten geschlossen hat. Bereits zum zweiten Mal erreiche ich eine Stempelstelle nur einige Minuten zu spät. Ich marschiere daher gezielt zu einem Supermarkt, um noch ein letztes Mal Getränke zu kaufen. Ich werde im Laufe der heutigen Etappe rund sechs Liter getrunken haben, völlig normal bei Temperaturen von über dreißig Grad. Am Bahnhof Mendig stelle ich fest, dass ich heute rund 42 Kilometer unterwegs bin. In dem Moment, als ich den Bahnsteig betrete, fährt gerade ein Zug ein. Ich frage einen jungen Mann, ob der Zug nach Andernach fährt und schon bin ich drin. Zum Glück kann man an einem Automaten im Zug ein Ticket lösen. Nur fünfzehn Minuten später steige ich in Andernach aus und wechsel den Bahnsteig. Mein Zug nach Koblenz, auf den ich sowieso eine halbe Stunde warten muss, wird zusätzlich zehn Minuten Verspätung haben.

 

   

 

Von Mendig nach Monreal (20. September 2009)

Christian und ich stehen heute früh auf. Bereits um 6.15 Uhr werden wir geweckt und nehmen unser Frühstück ein. Unsere Ausrüstung haben wir bereits am gestrigen Abend gepackt, damit es heute nicht noch früher wird. Kurz nach sieben Uhr sitzen wir schon im Auto und steuern auf Mendig zu. Hier startet heute der dritte Pilgertag auf dem Eifel-Camino, veranstaltet von der St. Matthias-Bruderschaft Mayen. Es ist vorgesehen, den Weg von der Mendiger St. Cyriakus-Kirche nach Monreal zu pilgern. Wir sind so rechtzeitig da, dass wir noch einen der vielen freien Parkplätze direkt an der Kirche erhalten. Nur einige Minuten später wimmelt es nur so von Leuten mit Rucksäcken, Wanderstiefeln und Trekking-Stöcken auf dem Kirchplatz. Christian und ich gehören zu den wenigen, denen man den Pilger auch äußerlich ansieht. Einige andere haben an Hut oder Rucksack in irgendeiner Form eine Jakobsmuschel angebracht. Außer uns beiden hat keiner einen Pilgerstab dabei. Das sind natürlich nur Äußerlichkeiten, die nichts über die persönliche Einstellung aussagen.

Am Kircheneingang erwerbe ich für Christian noch einen Pilgerausweis, damit er auch Stempel sammeln kann. Dann haben wir die Gelegenheit, die Kirche von innen zu bewundern. Bei meinem letzten Besuch vor ein paar Wochen konnte ich nur die aus dem 12. Jahrhundert stammende romanische Pfeilerbasilika besichtigen. Der Pilgertag beginnt jedoch in der gotischen Hallenkirche aus dem 19. Jahrhundert mit ihrem rund fünfhundert Jahre alten Hochaltar. Die rund 160 Teilnehmer werden durch den Brudermeister Heinz Schäfer mit einigen organisatorischen Hinweisen begrüßt, bevor der Gemeindepfarrer uns mit Gesang und Pilgersegen auf den Weg entlässt. Nach der Abfrage, wer am Abend einen Platz im Bus von Monreal benötigt, geht es dann endlich los. Zunächst aber gibt es noch den ersten Stempel in den Pilgerpass. Dann zieht sich der große Tross wie ein Lindwurm durch die Mendiger Straßen. Vom Kirchberg geht es durch die „Bachstraße“ und die „Dammstraße“. Dort läuft die Spitze der Gruppe ein wenig zu weit und verpasst den Abzweig auf den Fahrradweg, der parallel zur Bahntrasse verläuft. Nach knapp zwei Kilometern Marsch gelangen wir an die Bundesstraße 256, an deren Mündung das Golo-Kreuz steht. Dieses steht für die Jahrhunderte lange Wallfahrtstradition zur Wallfahrtskirche Fraukirch. In den Stein wurde im Jahre 1472 in der zeitgenössischen Sprache das „Salve Regina“ eingemeißelt. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine Kopie, das Original kann man in der Fraukirch selbst bewundern. Am Golokreuz wird durch Diakon Wolfgang Dröschel, der uns den ganzen Tag begleiten wird, eine erste kurze Andacht gehalten. Nun ziehen wir weiter entlang der Landesstraße 120 bis zum Reginarisbrunnen. Kurz dahinter biegen wir auf einen Feldweg ein, der uns direkt zur Wallfahrtskirche bringt. Diese liegt versteckt in einem kleinen Wäldchen, nur die Kirchturmspitze lugt über die Baumwipfel heraus.

Die Fraukirch wurde urkundlich erstmals im Jahre 1279 erwähnt. Die ehemals dreischiffige Kirche wurde der Legende nach vom Pfalzgrafen Siegfried an der Stelle erbaut, wo er seine Gemahlin Genoveva und seinen Sohn wiedergefunden hatte. Sein hinterlistiger Hofmarschall Golo hatte versucht, sich ihr anzunähern, während er an einem Kreuzzug teilnahm. Doch die treue Gattin widerstand seinen Nachstellungen und wurde nach der Rückkehr Siegfrieds Opfer der Intrigen Golos. Nach einem leider nur kurzen, aber dafür umso interessanteren Abriss zur Geschichte der Fraukirch durch den Vorsitzenden der Marienbruderschaft, Herrn Dr. Wolfgang Zäck, ist Diakon Dröschel mit einigen besinnlichen Gedanken an der Reihe. Am Eingang zur Kirche gibt es einen weiteren Pilgerstempel, dazu bietet die Matthias-Bruderschaft neben Mineralwasser auch Tee und Kaffee zu einem geringen Preis an, ein toller Service! Für die nächsten Kilometer wird nun ein Feldweg unser Begleiter. Links und rechts passieren wir bereits abgeerntete Felder, es geht zum ersten Mal leicht bergan und die Gruppe zieht sich nun ein wenig auseinander. An einer schattigen Baumgruppe machen wir wieder Halt. Von hier aus haben wir einen herrlichen Blick auf Thür.Auch hier ergreift Diakon Dröschel wieder das Wort an die Pilgergemeinde. Immer werden dabei auch Mitpilger einbezogen, die ihre Texte routiniert vortragen. Wir laufen nun durch das Naturschutzgebiet „Thürer Wiesen“. Entstanden ist das Feuchtgebiet aus dem in den 1970er Jahren trockengelegten „Thürer Sumpf“. Durch den späteren Bimsabbau haben sich Tümpel und Teiche sowie Sumpf- und Feuchtflächen gebildet. 1987 wurden die „Thürer Wiesen“ unter Naturschutz gestellt. Seitdem haben sich hier seltene Vogel- und Amphibienarten angesiedelt. Leider haben wir hier aber wieder Asphalt unter den Sohlen, den wir so schnell auch nicht mehr los werden, denn der Weg ist gleichzeitig als Fahrradweg ausgezeichnet. Auf Höhe Kottenheim verläuft der Eifel-Camino parallel zur B262 in Richtung Mayen. Kurz danach erreichen wir ein Gewerbegebiet, das bereits in der Mayener Gemarkung liegt. Hier befindet sich auch ein beliebter Freizeitpark für Kinder und wir machen einen weiteren spirituellen Zwischenstopp. Es ist gut, dass zum einen immer neue Anstöße zum Nachdenken gegeben werden, zum anderen hierdurch die Gruppe auch wieder verschmelzen kann. Es ist nicht ganz einfach, mit den Mitpilgern ins Gespräch zu kommen, dafür laufen zu viele Grüppchen mit. Hin und wieder gibt es aber Gelegenheit, sich mit anderen auszutauschen, meistens geht es um bereits absolvierte Pilgerwege. Dabei stellt sich heraus, dass doch erstaunlich viele bereits in Santiago waren.

Bevor es weitergeht, erhalten wir einige Hinweise für unseren Marsch durch die Stadt Mayen, die noch cirka drei Kilometer entfernt vor uns liegt. Zunächst biegen wir aber auf die ehemalige Bahntrasse nach Koblenz ein, die vor einigen Jahren in einen Radweg umgewandelt wurde. Über die „Ostbahnhofstraße“ und die „Römerstraße“ gelangen wir zum Brückentor. Von dort ist es nicht mehr weit bis zur katholischen Pfarrkirche St. Clemens. Auf dem Weg dahin wird uns der Jakobsweg nicht nur durch die Muschelwegweiser gewahr, sondern auch durch spezielle Kanaldeckel sowie ein schönes Relief an der Rückseite der Kirche. An dieser Stelle stand bereits um das Jahr 600 eine Holzkirche. Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts errichteten die Mayener hier noch vier weitere Kirchen. Im zweiten Weltkrieg wurde mit großen Teilen der Stadt auch St. Clemens zerstört. Von 1947 bis 1953 wurde die Kirche wieder notdürftig aufgebaut, endgültig aber erst in den siebziger Jahren. Durch einen Konstruktionsfehler der Zimmerleute erscheint der Spitzhelm des Westturmes spiralförmig verdreht. Einer Sage nach ist hierfür der Teufel höchstpersönlich verantwortlich, der aus lauter Wut über die listigen Mayener die Turmspitze verdrehte.

Nach einer kurzen Einführung zur Geschichte der Kirche durch Pfarrer Müller wird uns mit einer Jakobus-Reliquie der Pilgersegen erteilt. Nun ist es Zeit für eine Mittagsrast, die wir im Pfarrsaal der Kirchengemeinde durchführen können. Auf dem Weg dorthin passieren wir die Heilig-Geist-Kapelle, die zu einem mittelalterlichen Hospital gehörte. Vermutlich wurden hier zu dieser Zeit auch Pilger auf dem Weg nach Santiago aufgenommen. Seit 1961 ist sie eine Gedenkstätte für die Opfer der Kriege und der Gewalt. Christian und ich lassen uns auf einer Bierbank auf dem Vorplatz des Pfarrheims nieder und genießen unsere mitgebrachte Mahlzeit. Auch hier bietet die Matthias-Bruderschaft Getränke an und unsere Pilgerpässe werden um zwei weitere schöne Stempel reicher. Nach der ausgiebigen Pause wird es Zeit, dass wir wieder losmarschieren. Wir gehen auf direktem Weg durch das Obertor in die „Kelberger Straße“. Leider bleibt uns durch diese Wegführung der Anblick auf die Genovevaburg verwehrt. Dafür erreichen wir nach kurzer Zeit die Verbandsgemeindeverwaltung Vordereifel. Vor dem Gebäude bietet uns ein Mitarbeiter der Verwaltung einen weiteren Pilgerstempel an. Über die „Kolpingstraße“ und den „Kuhtritt“ verlassen wir schließlich Mayen und sind wieder umringt von abgeernteten Feldern. Dann gelangen wir in ein Waldstück mit weichem Boden, ständig nur Asphalt unter den Sohlen zu haben ist sehr anstrengend. Aus der Ferne erklingt eine einsame Kirchenglocke, wir nähern uns der Waldkapelle. Mit deren Bau wurde nach der Zerstörung von Mayen im Krieg bereits Mitte 1945 begonnen und zum Dank der Mutter Gottes geweiht. Auch hier legen wir eine Statio mit Gebet und Gesang ein. Wir bleiben noch eine Weile auf dem nun steil ansteigenden Waldweg und überqueren dann die Bundesstraße 258, wenig später noch die Landesstraße 98. Hier verlassen wir den Wald und bewegen uns durch Ackerland auf die letzte Versorgungsstelle zu. Die Pilgergemeinde dankt dem Versorgungsteam mit dem Kanon „Lobet den Herren“. Dann gibt Brudermeister Schäfer noch eine Neuigkeit zum Besten: die Matthias-Bruderschaft plant genau an unserem jetzigen Standort in der Nähe des Gelsbüschhofes, eine Jakobuskapelle zu errichten. Die Bauanträge seien eingereicht und wenn alles gut ginge, soll im kommenden Heiligen Jahr am Jakobustag die Kapelle eingeweiht werden.

Bis zu unserem Tagesziel Monreal sind es jetzt nur noch drei Kilometer, die überwiegend durch Wald führen. In angenehmer Weise geht es leicht bergab, der Weg ist auch als Reitweg ausgezeichnet. Wir unterqueren eine Bahnlinie und befinden uns wieder an der Landesstraße 98, an der wir bis nach Monreal auf einem Bürgersteig entlang laufen. In Monreal ist heute viel los. Die Gemeinde feiert ein Weinfest und auf dem Marktplatz (der für die Allgemeinheit allerdings gesperrt ist) wird ein Film mit Uwe Ochsenknecht gedreht. Letztendlich wird unsere Pilgergruppe erwartet und am Nachmittag soll auch noch ein Pilgerstein eingeweiht werden. Das Örtchen liegt idyllisch im Elzbachtal und bezeichnet sich selbst als „Dorf der Brücken, Burgen und Fachwerkhäuser“. Hoch oben auf dem Königsberg (daher auch der Ortsname) bauten im 13. Jahrhundert die Virneburger Grafen zunächst ohne Genehmigung und Landbesitz ihre Burgen, die Löwen- und die Philippsburg. Schon früh wurden Stadt- und Marktrechte vergeben. Nach dem 30-jährigen Krieg siedelte sich eine bedeutende Tuchindustrie an. Die noch vorhandenen Fachwerkhäuser bezeugen den damaligen Wohlstand. Drei steinerne Brücken überspannen den Elzbach. Von ihnen kann man wunderbare Blicke auf die Schönheiten des Dörfchens erhaschen. Mitten im Ort bekommen wir noch einen Pilgerstempel. In der Kirche Heilig Kreuz werden wir schon erwartet. Letzten organisatorischen Hinweisen durch den Brudermeister Heinz Schäfer folgen noch Grußworte vom Bürgermeister der Verbandsgemeinde Vordereifel, Herrn Gerd Heilmann. Bevor Pfarrer Michael Frevel die Schlussandacht beginnt, erhalten wir eine Erläuterung zur Kirche. Hierbei erfahren wir auch, dass in den Altar ein Splitter des Kreuzes Jesu eingemauert ist. Die Andacht selbst lässt ein bisschen erahnen, was ein Pilger an seinem Ziel in Santiago de Compostela erwarten kann. Abschließend erfolgt noch die Einweihung des Pilgersteins auf dem Kirchplatz. Der örtliche Pfarrgemeinderat hat dort für uns Sitzgelegenheiten zur Verfügung gestellt und bewirtet uns mit leckerem Kuchen und Würstchen, ein wahrhaft gelungener Abschluss dieses Pilgertages. Für 17.00 Uhr werden zwei Busse zur Verfügung gestellt (die aber leider etwas Verspätung haben), die uns wieder zum Ausgangspunkt nach Mendig bringen. Christian und ich machen uns dann gleich auf den Weg nach Koblenz, wo wir gegen 18.30 Uhr zu Hause eintreffen.

 

   

 

Von Monreal nach Maria Martental (21. März 2010)

Nun stehe ich in dieser Woche bereits zum zweiten Mal früh auf, um einen Abschnitt auf einem Jakobsweg zu gehen. Für den heutigen Tage hat die St. Matthias-Bruderschaft Mayen zu ihrem inzwischen vierten Pilgertag auf dem Eifel-Camino eingeladen. Und heute ist neben meinem schon pilgererfahrenen Sohn Christian auch meine Frau Susanne dabei. In der Nacht hat es fürchterlich geregnet und die Aussichten für den Tag sind auch nicht die rosigsten. Gestern habe ich schon eine große Tüte Brötchen gekauft, die am Frühstückstisch mit Wurst und Käse belegt und dann im Rucksack verstaut werden. Um kurz nach acht Uhr sitzen wir im Auto und fahren zum Ausgangspunkt Monreal. Hinter Koblenz beginnt es zu regnen. Doch als wir auf die Autobahn in Richtung Mayen einbiegen, strahlt uns aus ein paar Wolkenspalten blauer Himmel und Sonnenschein entgegen. Gut zwanzig Minuten später fahren wir auf den Parkplatz des Bahnhofes in Monreal, der schon gut gefüllt ist. Unzählige Pilger mit Rücksäcken, Regenjacken und -schirmen bevölkern den Platz und immer noch kommen weitere Autos dazu.

Ich besorge für Susanne einen Pilgerausweis und lasse direkt einen Stempelabdruck hinein machen. Wir erwarten den Zug aus Andernach, mit dem weitere Pilger anreisen sollen. Um viertel nach neun machen wir uns nach einer kurzen Begrüßung und Einweisung in den Tagesablauf durch den Brudermeister Heinz Schäfer auf den Camino. Schon die ersten Schritte über einen feuchten, glitschigen Feldweg lassen uns erahnen, was heute auf uns zukommt. Nach nur fünfhundert Metern erfolgt hinter dem Monrealer Sportplatz der erste Halt. Hier gibt es eine erste Meditation und den Pilgersegen durch Diakon Wolfgang Dröschel. Nach einem Photo für die Presse geht es dann richtig los, zunächst über eine schmale, rutschige Brücke über den reißenden Elzbach. Kurz dahinter mündet das Bächlein Thürelz, das wir in den nächsten Stunden als ständigen Begleiter an unserer Seite haben werden. Christian hat heute nicht so richtig Lust und hört von seinem iPod ein Harry Potter-Hörbuch, ist damit abgelenkt und schließlich doch einigermaßen gelaunt auf dem Weg. Der gut beschilderte Eifel-Camino führt uns den größten Teil auf dem Eifel-Schiefer-Radweg, der jedoch nicht immer asphaltiert ist. Flankiert wird der Weg von der Bahnlinie Andernach - Kaisersesch, auf der hin und wieder ein Zug an uns vorbeibraust. Unsere nächste Station mit einer Meditation und einem gemeinsamen Lied ist der Weiler Heunenhof mit einer kleinen Kapelle. Eine erstmalige Erwähnung ist aus dem 14. Jahrhundert beurkundet. Heute befinden sich neben der Kapelle noch sieben weitere Häuser, die allesamt einmal Bauernhöfe waren. In der Kapelle aus dem Jahre 1495 kann man eine von einem Pilger geschnitzte Jakobusfigur bewundern.

Weiter geht der Weg der sich auseinanderziehenden Pilgergruppe, die heute 180 Personen umfasst. Angesichts der Witterung ist das eine stolze Zahl. Wir bewegen uns weiter durch das enge Tal, in dessen Mitte sich die Mäander des Thürelz-Baches schlängeln. Die Strecke ist eigentlich recht einfach zu gehen, es gibt keine gravierenden Höhenunterschiede zu bewältigen. Manchmal müssen wir großflächige Wasserpfützen umgehen, die sich hier angesammelt haben. Zwischendurch beginnt es immer wieder einmal in dünnen Fäden zu regnen. Zum Glück scheint es Petrus gut mit uns zu meinen, denn er lässt den Regen nicht wie aus Kübeln über herab. So reichen wasserdichte Regenjacken oder Regenschirme vollkommen aus, um einigermaßen trocken zu bleiben. Unser nächster Stopp ist in Urmersbach. Auf einer Anhöhe thront die katholische Pfarrkirche St. Andreas. Diese stammt in Teilen noch aus dem 18. Jahrhundert, wurde aber Mitte des vergangenen Jahrhunderts erweitert und renoviert. Am Schienenhaltepunkt bietet das Versorgungsteam der Bruderschaft heißen Tee und Kaffee an, die gerne angenommen werden. Zudem bietet sich in der benachbarten Gaststätte die Gelegenheit, ein stilles Örtchen aufzusuchen. Nach den Grußworten des Ortsbürgermeisters Reiner Weber wird eine kurze Meditation vorgetragen. Bis zu unserer Mittagsrast in Kaisersesch sind es jetzt nur noch vier Kilometer. Die haben es aber in sich und werden für manch einen aus der Pilgergruppe zu einem Abenteuerpfad. Auch die Eifel hat der Orkan „Xynthia“ nicht verschont und so liegen einige mächtige Tannen niedergestreckt nicht nur am Wegesrand, sondern auch einmal direkt auf dem Weg. Nachdem einige Kletterpartien über Baumstämme und Geäst erste Pilgerstaus verursachen, wird schließlich über die neben dem Weg liegenden Wiesen ausgewichen. Gut, wenn man einen Plan B hat, bevor man lange Umwege einschlagen muss. Natürlich haben auch die Wiesen einen Haken, sie sind nämlich durchtränkt von Wasser und Schlamm, sodass sich viele Wander- und Trekkingschuhe plötzlich in eine andere, erdige Farbe verwandeln. Aber auch dieses Hindernis ist für die Pilgergruppe keine wirkliche Herausforderung und wird bravourös gemeistert.

Wir verlassen den Wald und gelangen über die „Masburger Straße“ nach Kaisersesch hinein. Dort werden wir unmittelbar in den historischen Ortskern geleitet, in dessen Zentrum sich die katholische Pfarrkirche St. Pankratius mit ihrem  schiefen Turm aus dem 13. Jahrhundert befindet. Vor der romanischen Pfarrkirche wurde vor ein paar Jahren ein sehenswerter Pilgerbrunnen eingeweiht. Hier erfrischt sich ein lebensgroßer Pilger mit hochgekrempelten Hosen in dem kühlen Nass. Schuhe, Hut und Rucksack hat er neben sich abgelegt. Nach einer Andachtsfeier in der stimmungsvollen Kirche mit Pfarrer Volker Malburg sowie einem Grußwort des Bürgermeisters Josef Wältermann besteht die Möglichkeit, im „Alten Kinosaal“ eine Pilgersuppe sowie Getränke zu erwerben. Gerne nutzen wir die Gelegenheit, die Suppe schmeckt wirklich gut. Für unseren Pilgerausweis ist auch ein Stempel erhältlich, leider gibt es aber nur einen Anschriftenstempel, ein Siegel der Gemeinde wäre schöner gewesen. Nach dem Besuch der neuen Pilgerunterkunft im Obergeschoss des ehemaligen Gefängnisses und jetzigen Heimatmuseums setzt sich der Tross wieder in Bewegung. Just in diesem Moment beginnt es wieder zu regnen. Bald passieren wir die Waldkapelle, die ihre Ursprünge im 18. Jahrhundert hat und nach mehrfacher Renovierung und Sanierung heute in der Paten- und Pflegschaft der Feuerwehr von Kaisersesch steht. Nun folgt ein Abschnitt, der unsere Gruppe in die Höhe bis zur A 48 führt, die wir unterqueren. Am Rande von Leienkaul werden wir wieder abwärts in ein schmales, idyllisches Tal geführt. Dabei gelangen wir an eine kleine Kapelle, die den Startschuss für einen weiteren Abenteuerpfad darstellt. Der Weg verjüngt sich nun zu einem von Laub bedeckten Waldpfad, auf dem sich die Pilger einer nach dem anderen wie auf einer Perlenschnur aufreihen. Plötzlich biegt der Pfad steil nach rechts ab, zusätzlich versperrt ein umgestürzter Baum das Weitergehen. Es bleibt nichts anderes übrig, als dem Hindernis durch das rutschige Gelände auszuweichen. Zum Glück klappt das ohne Stürze. Nur wenige Meter danach wird es noch brenzliger. Ein weiterer notwendiger Umweg endet in einem Steilstück, das nicht minder rutschig ist. Dank der Hilfe kräftiger Männerarme schaffen es aber alle, auch diese Herausforderung zu meistern.

Kurz darauf erreichen wir unser Tagesziel und stehen vor der Wallfahrtskirche Maria Martental. Im Klosterladen erhalten wir unseren letzten Stempel für heute. Leider ist es wiederum nur ein Anschriftenstempel. Das Versorgungsteam hat sich auch wieder aufgebaut und bietet kalte und heiße Getränke an, eine Wohltat für manche Pilger. Hier feiern wir noch eine Abschlussandacht mit Diakon Dröschel mit Gebet und Gesang. Abschließende Worte durch Brudermeister Schäfer, verbunden mit dem Dank an alle guten Geister am heutigen Tage, beenden den Pilgertag. Uns bleibt noch ein wenig Zeit, die Wallfahrtskirche zu besuchen. Am Gnadenbild entzünde ich für unsere Familie eine Opferkerze. Dann wird es Zeit, dass wir auf den oberen Parkplatz gehen. Dort stehen Busse bereit, die uns zurück nach Monreal bringen. Obwohl zwei Busse eingesetzt werden, reichen die Plätze nicht für alle aus, sodass auch zahlreiche Stehplätze genutzt werden müssen In Monreal angekommen begeben wir uns zu unserem Auto. Nach einem Schuhwechsel geht auch für uns die Heimfahrt nach Koblenz los, wo wir eine gute halbe Stunde später eintreffen. Es war wieder eine schöne Pilgerwanderung, wenngleich das Wetter sicherlich nicht jedermanns Herz erfreut hat.

 

   

 

Von Maria Martental nach Lutzerath (10. Oktober 2010)

In der Nacht habe ich nicht gut geschlafen. Ich habe mich oft gedreht und bin dabei auch mehrfach wach geworden. Das passiert mir hin und wieder, wenn für den kommenden Tag etwas Besonderes geplant ist. Heute werden wir mit der ganzen Familie am fünften Pilgertag der Matthias-Bruderschaft Mayen teilnehmen, der uns auf dem Eifel-Camino von Maria Martental nach Lutzerath führen wird. Wir brauchen aber nicht so früh aufzustehen, da sich die Pilger erst um 9:30 Uhr am Startort treffen. Bis dahin benötigen wir wahrscheinlich eine gute dreiviertel Stunde. Ich besorge beim Bäcker frische Brötchen für die Rucksackverpflegung, nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg. Wir erreichen pünktlich die in einem tief eingeschnittenen Tal liegende Wallfahrtskirche und stellen unser Auto auf dem nahe liegenden Waldparkplatz ab. Dort stehen bereits unzählige andere Fahrzeuge. Die Kennzeichen verraten, dass heute viele Pilger aus Nah und Fern dabei sein werden. Während die Kirche noch gänzlich im Schatten liegt, erreichen die ersten Sonnenstrahlen die umliegenden Baumspitzen und lassen diese in herbstlich bunten Farben erleuchten.

Auf dem Vorplatz treffe ich Michael, ebenfalls aus Koblenz. Er hat für unseren Pilgerstammtisch kleine Flyer erstellt und verteilt sie an die anderen Teilnehmer. Vor drei Tagen hat zum ersten Mal in der City-Kirche in Koblenz eine Gesprächsrunde für am Pilgern Interessierte stattgefunden. Nun wollen wir für den nächsten Termin werben, sodass die Runde vielleicht noch größer wird. Kurz darauf läuft mir Franz von der Matthias-Bruderschaft über den Weg, auch er war in der Runde dabei. Er verteilt hier den ganz neuen Pilgerstempel von Maria Martental, der sehr gelungen ist. Es macht wahre Freude, die zwar ähnlichen, aber immer mit einem Motiv der jeweiligen Örtlichkeit versehenen Stempel, in den Pilgerausweis gedrückt zu bekommen. Allmählich strömen die Pilger in die Wallfahrtskirche hinein, die von innen eine ruhige und vertraute Atmosphäre ausstrahlt. Zu meiner und wohl auch vieler anderer Überraschung feiern wir mit einem Pater einen Gottesdienst und erhalten zum Abschluss den Pilgersegen. Nach der kurzen Begrüßung durch Brudermeister Heinz Schäfer wird es Zeit, dass wir uns auf den Camino begeben. Inzwischen erstrahlt über uns der Himmel in einem kräftigen Blau, das durch kein Wölkchen getrübt wird. Der Pilgerstrom zieht links an der Kirche vorbei und gelangt auf einen Waldweg, der uns in das Enderttal führt. Wir bewegen uns durch einen bunt gefärbten Mischwald entlang des Endertbaches fort. Mitten im Wald passieren wir eine Verpflegungsstelle, die allerdings nicht für uns gedacht ist. Dort warten Getränke, Obst und Müsliriegel auf Mountainbike-Fahrer, die in der Region ein Rennen durchführen. Nur wenige Minuten später treffen wir auf die Landesstraße 52, wo wir zu einer kurzen Pause gezwungen werden. Vom linken Berghang stürzen sich nämlich die Radler in die Tiefe und müssen die rutschige Straße überqueren. Der ein oder andere schätzt die Veränderung des Bodenbelags nicht richtig ein und macht eine schmerzhafte Bekanntschaft mit dem Asphalt. Nachdem der Pulk der Sportler deutlich weniger wird, gibt uns ein Polizist das Signal zum Überqueren. Übrigens ist die Gruppe heute 135 Personen stark. Nur fünfzig Meter weiter an einer Straßenkreuzung werden wir vom Versorgungsteam erwartet, es gibt Kaffee, Tee oder Wasser.

Wir folgen nun den Spuren der Fahrräder durch das Enderttal. Durch den relativ dichten Wald finden immer wieder vereinzelt Sonnenstrahlen ihren Weg und erschaffen wunderschöne Bilder. Kurze Zeit später erreichen wir eine Brücke über den Bach. Zum Glück wurde diese vor wenigen Tagen fertig gestellt, sonst hätten wir nasse Füße bekommen. Nach der Überquerung des Baches beginnt der Weg nun auf dem nächsten Kilometer allmählich anzusteigen. Mitten im Anstieg wird eine kurze Verschnaufpause für einen ersten Impuls eingelegt. Zwei Damen erklimmen eine Böschung und tragen von dieser „Naturkanzel“ aus vor. Nur wenig später zieht sich die lange Schlange der Pilger weiter in die Höhe in Richtung Bundesstraße 259, die wir rasch kreuzen. Es ist jetzt nicht mehr weit bis zu unserem ersten Zwischenziel Alflen (das Ortswappen ziert unter anderem eine Jakobsmuschel). Unseren Weg säumen links Maisfelder und rechts Obstwiesen. Auf einem Feld stehen unzählige Holunderbüsche, fein säuberlich hinter- und nebeneinander angeordnet. Das habe ich so noch nicht gesehen. Mitten in Alflen verlassen wir den ausgeschilderten Camino und suchen die katholische Pfarrkirche St. Johannes der Täufer auf. Die gotische Kirche mit ihren wunderschönen Deckengemälden, unter anderem mit der Dar-stellung der einzelnen Sakramente, wurde im 12. Jahrhundert erstmalig erwähnt.

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Ortsbürgermeister Rudolf Schneiders berichtet uns der Küster und Vorsitzende des Freundeskreises der Pfarrkirche, Reinhard Roden, einiges über die Geschichte und die Malereien. Wenig später findet sich die Pilgergruppe vor dem Gemeindesaal ein. Dort ist alles für die Mittagsrast vorbereitet. Jetzt erleichtern wir unsere Rücksäcke und verzehren genüsslich die mitgebrachte Verpflegung. Die Bruderschaft sorgt wiederum für Getränke und gibt hier auch den neuen Pilgerstempel von Alflen aus. Der Abschluss der Mittagsrast wird eingeläutet durch das gemeinsame Lied „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“, dargebracht als Kanon. Froh gelaunt ob des schönen Herbsttages ziehen wir weiter, nun durch Wiesen und abgeerntete Felder. Dabei ergeben sich nach vorne oder hinten imposante Bilder einer langgezogenen Pilgerschlange. Es ist einsam hier, viel Landschaft rechts und links des Caminos. Bald durchqueren wir das Dörfchen Gillenbeuren und es deutet sich an, dass wir nun wieder ein paar Höhenmeter zu bezwingen haben. Am Ortsausgang auf Höhe des Berghofes wird unser Tatendrang abrupt gestoppt, denn das Versorgungsteam erwartet uns erneut zu Kaffee, Tee, Wasser oder Bier. Gegenüber grasen auf einem eingezäunten Terrain einige verwirrt dreinschauende Schafe. Bald geht es jedoch wieder weiter. Wir durchlaufen eine Senke über den Hinigertbach entlang ausgedehntem Ackerland, dazwischen befinden sich aber auch einige Flecken Weide, die von gelangweilt aussehenden Rindern bevölkert sind. Kurz vor Driesch machen wir an einer kleinen Wegekapelle für einen kurzen Impuls sowie ein gemeinsames Lied noch einmal Halt.

Zum Abschluss des heutigen Pilgertages begeben wir uns in Driesch in die Wallfahrtskirche Mater Dolorosa. Die Kirche wurde Ende des 15. Jahrhunderts von Rittern der Umgebung erbaut, um der Verehrung eines älteren Gnadenbildes einen würdigeren Rahmen zu geben. Schon beim Betreten der Kirche wird der Blick auf den imposanten, dunklen Hochaltar fixiert. Der dreigestaffelte Schnitzaltar wurde vermutlich im ausgehenden 17. Jahrhundert geschaffen. In elf Holzreliefs ist das Leiden Christi dargestellt. Hier feiern wir mit dem ortsansässigen Diakonanwärter eine Andacht mit Gebet und Gesang zu Ehren des Herrn und der Gottesmutter Maria. Der Tag ist jetzt noch nicht zu Ende, denn wir müssen einen guten Kilometer bis nach Lutzerath laufen. Dort wird das obligatorische Gruppenphoto erstellt. Danach haben wir uns eine Stärkung bei Kuchen oder Würstchen sowie Getränken im Bürgersaal verdient. Als Überraschung erhalten wir dort einen weiteren Stempel für den Pilgerausweis. Ein paar kurze Grußworte des Ortsbürgermeisters Günter Welter sowie Dankesworte des Brudermeisters an die helfenden Hände im Hintergrund beenden schließlich den Pilgertag. Wie immer, werden wir mit Bussen zum Ausgangsort gebracht und können ab dort die Heimfahrt antreten.

 

   

 

Von Lutzerath nach Wittlich (15. März 2011)

Nach einem langen Winter und einer wegen Krankheit nicht durchgeführten Zwei-Tages-Tour am Rhein ist heute wieder der eingerostete Bewegungsapparat gefordert. Eigentlich wäre ich gerne am kommenden Wochenende mit der St.-Matthias-Bruderschaft Mayen auf den Eifel-Camino gezogen, aber aufgrund einer Familienfeier ist das nicht möglich. Also heißt es, sehr früh aus dem Bett zu fallen, den kleinen Rucksack aufzuschnallen und zum Bahnhof zu gehen. Ich fahre um kurz nach sechs Uhr mit dem Zug nach Cochem und steige dort in einen Bus ein, der mich nach Büchel bringen soll. Ich bin um diese Zeit der einzige Fahrgast. Als sich der Bus in die Höhen windet und die dicken Nebelschwaden durchbricht, geht die Sonne in einem farbenprächtigen Szenario auf. Der Tag könnte also schön werden, angekündigt sind Temperaturen bis zu achtzehn Grad. In Büchel verlasse ich den Bus, gleichzeitig steigen unzählige Schulkinder ein. Ich schaue mir zur Sicherheit den Fahrplan an, in gut zehn Minuten kommt mein Anschlussbus, der mich nach Lutzerath bringen wird. Zum Glück bemerke ich, dass sich die Nummerierung des Busses geändert hat und nun die Zahl trägt, die auch mein nächstes Transportmittel ihr eigen nennen sollte. Ich frage einen an der Haltestelle stehenden Vater nach dem Ziel des Busses. Dieser versichert mir sehr glaubhaft, dass die Kinder nach Lutzerath gebracht werden. Also steige ich kurzerhand wieder ein und finde auch noch ein Plätzchen.

Es dauert dann auch nicht mehr allzu lange, bis sich die Schulkinder laut unterhaltend den Bus an ihrem und nun auch meinem Ziel verlassen können. Eigentlich wollte ich an der Wallfahrtskirche im Ortsteil Driesch meine heutige Tour beginnen. Jetzt bin ich dort, wo wir beim Pilgertag der St. Matthias-Bruderschaft aus Mayen im vergangenen Oktober die letzte Etappe beendeten. Ich folge zunächst der „Trierer Straße“ durch den Ort. Dabei komme ich am Hotel Maas vorbei, hier erhält man den Pilgerstempel von Lutzerath. Nur ein paar Schritte weiter befindet sich etwas rückwärtig die katholische Pfarrkirche St. Stefan. Zu dieser frühen Uhrzeit ist die Kirche jedoch noch verschlossen. Auf dem Weg zum Ortsausgang komme ich an einer kleinen Kapelle vorbei. Ich lasse zu meiner Rechten einen Supermarkt liegen und gehe auf einem asphaltierten Feldweg in Richtung Kennfus. Die Route ist sehr gut mit dem bekannten Muschelsymbol markiert, aber auch in regelmäßigen Abständen mit einer Basaltstele. Am Parkplatz Thonhügel befindet sich eine weitere Kapelle mit der Darstellung einer schmerzhaften Muttergottes. Hier biege ich nach rechts ab, geradewegs auf einen Wald zu. Ein Schild am Waldhof macht mich darauf aufmerksam, dass ich hier Wild kaufen könne. Am Parkplatz zur „Drei-Eichen-Hütte“ werde ich nach links gewiesen, um dem nächstmöglichen Weg wiederum nach links zu folgen. Inzwischen laufe ich auf geschottertem Untergrund, der aber rasch von weichem Laub abgelöst wird. Ich passiere das Lutzerather Waldhaus und gelange an einen sehr baufälligen Steg über einen kleinen Bach. Ich bewege mich eine Weile durch den Wald und schrecke dabei einige Rehe auf. Bald stoße ich auf die L 103 und folge dem parallel dazu verlaufenden Fahrradweg. Hier werde ich von einer Läuferin überholt. Beim Anblick ihrer unzweckmäßigen Schuhe muss ich mich schütteln.

Es geht nun leicht aufwärts über die Kennfuser Höhe, auf deren Spitze eine Marienkapelle errichtet wurde. Am Horizont scheint bereits die Silhouette von Kennfus durch die seichten Nebelschwaden. Dort ist mein Ziel die katholische Filialkirche St. Maria, die sogar geöffnet ist. Die Kirche ist harmonisch ausgemalt und mit passendem Inventar ausgestattet. Vor einem Marienbild entzünde ich zwei Kerzen für meine Familie und für die vielen Opfer der Naturkatastrophe in Japan. Nach einer Weile verlasse ich Kennfus über die „Moselblickstraße“ und komme an eine Schutzhütte. Rechts davon beginnt ein asphaltierter Weg, der steil abwärts führt. Bald passiere ich die Falkenlay-Hütte mit Grillplatz und kurz dahinter biege ich nach links auf einen Waldweg ab. Auf einer Pilgerstele hat jemand ein aus vielen Einzelteilen zusammen gesetztes Steinmännchen platziert. Der Waldweg lässt sich hier angenehm laufen, der Boden ist bedeckt von abgefallenen Fichtennadeln. Plötzlich wedelt kurz vor mir ein roter, buschiger Schwanz. Ich erkenne einen  Fuchs, dem anscheinend gar nicht aufgefallen ist, dass ich hinter ihm her gehe. Irgendwann dreht er sich zu mir um und ergreift dann doch die Flucht. Inzwischen wird der schmaler gewordene Weg von Laubbäumen flankiert und der Boden wird etwas felsiger. Eine Brücke überspannt einen kleinen Felseinschnitt, über den ein Bach in die Tiefe stürzt. Kurz darauf gelange ich zu einem Aussichtspunkt mit Sitzbank, wo ich erstmals einen Blick auf die Kureinrichtungen von Bad Bertrich werfe. In diesem Bereich wächst am Wegesrand Buchsbaum, der hier in der Region eigentlich selten anzutreffen ist. Es geht nun ein letztes Stück abwärts, der Untergrund ist ein wenig rutschig. Dann stehe ich direkt vor der Tourist-Information. Ein Schild weist mich darauf hin, dass ich dort den Pilgerstempel von Bad Bertrich erhalte.

Eigentlich geht der ausgeschilderte Weg nach ein paar Schritten nach rechts ab in die „Clara-Viebig-Straße“. Ich möchte aber gerne noch die Kirchen der Kurstadt besichtigen und laufe erst einmal durch die „Kurfürstenstraße“, entlang am Kurhaus, an Cafés und Hotels. Am Römerkessel zweige ich an einem Wegweiser ab zur evangelischen Philipp-Melanchthon-Kirche, die im Jahre 1903 erbaut und in den Jahren 1964 - 1965 umgebaut und erweitert wurde. Die Kirche ist innen sehr spärlich eingerichtet und spricht mich nicht sonderlich an. Im Umfeld des Gotteshauses befinden sich der Friedhof und eine Kriegsgräberstätte. Ich gehe dann auf der „Bäderstraße“ in Richtung der katholischen Pfarrkirche St. Peter, die ich über eine Treppe erreiche. Diese Kirche wurde in den Jahren 1868/69 erbaut. Im Lauf der Zeit traten an Mauerwerk und Dach erhebliche Schäden auf und durch den aufkommenden Kurbetrieb wurde die Kirche zu klein. Daher entschloss man sich zu einer Restaurierung und gleichzeitig zu einer Erweiterung. Dabei wurde der ehemalige Chorraum zur Taufkapelle und die Sakristei zur Blasiuskapelle. Im Frühjahr 1972 konnte die neugestaltete Kirche eingeweiht werden. Am Ausgangspunkt meiner Schleife durch Bad Bertrich folge ich der Beschilderung an der Vulkaneifel-Therme vorbei. Kurz hinter einer Rehabilitationsklinik passiere ich eine Marienkapelle und zweige nach rechts auf einen schmalen Weg oberhalb des Üssbaches ab. An dessen Ende unterquere ich die L 103 und gehe am Diana-Freibad vorbei. Dahinter muss ich ein kurzes Steilstück überwinden und erreiche eine weitere Kurklinik. Den dazugehörigen Parkplatz lasse ich rechts liegen und bleibe auf der Zufahrtsstraße. Hier ist die weitere Wegführung für mich nicht klar erkennbar und so wähle ich den linken Waldweg. Auf dem nächsten Kilometer finde ich  aber keine Wegweiser mehr und so stelle ich anhand meiner Wanderkarte fest, dass ich falsch gelaufen bin. Ich kehre um und gehe nach links in Richtung Landstraße. Dort entdecke ich an der Leitplanke eine Pilgerstele, die vorher im Gegenlicht nicht zu erkennen war. Das hat mich jetzt einen Umweg von rund zwei Kilometern gekostet.

Es geht weiter auf einem Grünstreifen neben der Straße, die ich aber schon bald verlassen kann. Ich laufe auf einem Waldweg an einem eingezäunten Bereich vorbei, aus dem mich zwei gelangweilte Esel anschauen. Es geht jetzt leicht bergauf, bis ich mitten im Wald an eine Kläranlage gelange. Zwei Arbeiter grüßen freundlich und scheinen überrascht zu sein, hier einen Wanderer zu sehen. Ab hier erwartet mich eine schweißtreibende Steigung bis zur Landstraße, wo sich mir erneut ein Grünstreifen zum Weiterlaufen anbietet. Dazu lacht mich die Sonne an, die ihre ganze Kraft voll zur Geltung bringt. Hinter der nächsten Kurve taucht auf der anderen Straßenseite die Judas-Thaddäus-Kapelle aus dem Jahr 1849 auf. Kurz danach erreiche ich Hontheim. In der katholischen Pfarrkirche St. Margaretha verweile ich einen Augenblick und schaue mir die einschiffige Hallenkirche in Ruhe an. Im Windfang mache ich eine interessante Entdeckung. Hier sind alle Opfer der Kriege aus Hontheim mit einem Foto dargestellt und mittendrin hängt ein originales Eisernes Kreuz aus dem Jahre 1939. Darüber bin ich ein wenig verwundert. Die nächsten zwei Kilometer zwischen Hontheim und Wispelt taufe ich Kapellenpfad, denn ich passiere auf dieser Wegstrecke vier kleine Kapellen, überwiegend zu Ehren der Gottesmutter. Zunächst laufe ich auf einem schmalen Streifen direkt neben der B 421 her, kann aber bald auf einen Grünstreifen unterhalb der Straße ausweichen. In Wispelt biege ich hinter einem Landgasthof rechts ab ins Dorf hinein und mache einen kurzen Abstecher zur Wendelinus-Kapelle, die aber verschlossen ist. Ich folge den Wegweisern, die mich über einen asphaltierten Feldweg aus Wispelt hinausgeleiten. Links und rechts von mir breitet sich Weideland aus, es riecht nach frischer Landluft. Dann habe ich wieder angenehmeren Boden unter den Füßen und biege nach links über einen Wiesenweg in den Wald ab. Hier haben Wildschweine den Boden aufgewühlt. Nach einer S-Kurve stoße ich auf einen breiten Waldweg. Auf diesem gehe ich eine Weile immer geradeaus, an der nächsten Kreuzung halte ich mich rechts. Auch an der folgenden Weggabelung bleibe ich weiterhin rechts, bis ich mich ein kurzes Stück später scharf nach links bewegen muss.

Die Ausschilderung ist perfekt. Hier kann man sich eigentlich nicht verlaufen. Auf der linken Seite befindet sich jetzt eine eingezäunte Schonung und es beginnt wieder eine geteerte Straße, an der bald die ersten Häuser von Olkenbach erscheinen. Einige Serpentinen später stehe ich mitten im Ort an der „Heinzerather Straße“. Auch hier gehe ich nicht den direkten Weg nach rechts, sondern laufe cirka einen Kilometer in die entgegengesetzte Richtung nach Bausendorf. Dort schaue ich mir die katholische Pfarrkirche St. Servatius an. Diese wurde Mitte des 19. Jahrhunderts anstelle einer anderen Kirche erbaut, nur der alte Kirchturm blieb erhalten. Danach wurde sie mehrfach umgebaut und erscheint heute in einem sehr nüchternen Bild. Den Altarraum schmückt ein Mosaik aus der Emmaus-Geschichte. Dieses ist aber in der Fastenzeit durch ein großflächiges Tuch verhüllt. Einzige Schmuckstücke sind der Altar, eine aus Fatima stammende Marienstatue und ein großes Kruzifix. Wieder zurück in Olkenbach, setze ich meinen Weg fort. Dort passiere ich die Olkenbacher Kapelle, die ebenfalls recht schmucklos wirkt. Ich biege nach links in die Straße „Zur Riez“ ab, lasse einen Kinderspielplatz rechts liegen und habe nun einen steilen Anstieg vor mir. Der Hügel trägt nicht umsonst den Namen „Galgenberg“. Unterwegs werde ich von einer kleinen Schafherde beobachtet. Mir wird jetzt richtig warm. Eigentlich würde ich gerne meine Jacke ausziehen, doch es weht ein leichter Wind und ich möchte mir keine Erkältung holen. Am Fuße eines Strommastes habe ich den höchsten Punkt erreicht. Ich gehe geradewegs auf die B 49 zu und werde kurz davor nach rechts verwiesen, folge grob der Überlandleitung durch landwirtschaftlich genutzte Flächen. Mir fällt schon seit einiger Zeit die rote Färbung des Bodens auf. Hierin zeigt sich der vulkanische Ursprung. Wenig später begegnen mir eine Reiterin hoch zu Ross sowie eine Walkerin, die mich beide freundlich grüßen. Schon von weitem fällt der kegelförmige Neuerburger Kopf ins Blickfeld. An der nächsten Kreuzung geht es weiter geradeaus bis nach Neuerburg hinein, einem Stadtteil von Wittlich. Über die „Akazienstraße“ gelange ich auf die „Eichenstraße“ (B 49). Dort befindet sich die katholische Filialkirche St. Nikolaus. Die vierjochige gotische Saalkirche wurde in den Jahren 1872/73 neu erbaut. In der Kirche entdecke ich eine Heiligenfigur mit Pilgerattributen, bin mir aber nicht sicher, ob es sich tatsächlich um eine Darstellung von Jakobus handelt (inzwischen weiß ich, dass es sich um Rochus handelt, der zudem eine Wunde am Bein hat).

Hinter Neuerburg schließt sich der Stadtteil Dorf an, dort gehe ich in den Weißen Weg. An dessen Ende unterquere ich die Autobahn nach Trier und Koblenz. Jetzt ist es nicht mehr weit bis ins Zentrum von Wittlich. Zunächst gilt es, ein eher unattraktives Stück auf dem Fahrradweg entlang der B 49 hinter mich zu bringen. Schließlich befinde ich mich auf der „Friedrichstraße“, die zu beiden Seiten mit Gewerbebetrieben versehen ist. Kurz hinter einem Kreisverkehr bleibe ich vor einem Haus stehen, das meine Aufmerksamkeit erregt. Es handelt sich um das Historische Türmchen aus dem Jahre 1317, einem Rest der ehemaligen Stadtbefestigung. Auf Höhe des ersten Stockwerkes befindet sich ein Guckloch in Form einer Löwenfratze. Davor steht ein Wegkreuz von 1703, das früher einmal in Wengerohr aufgestellt war. Als nächstes mache ich eine kleine Runde durch die Altstadt und komme am historischen Rathaus vorbei. Der Renaissancebau wurde nach einem verheerenden Stadtbrand 1647 begonnen und war bis 1933 Verwaltungssitz der Stadt. Ein paar Ecken weiter stehe ich vor dem mächtigen Turm der frühbarocken katholischen Pfarrkirche St. Markus. Sie wurde ebenfalls erst nach dem großen Brand in den Jahren 1709 bis 1723 durch den Trierer Kurfürsten Johann Hugo von Orsbeck erbaut. Hier fühle ich mich wohl; ich setze mich für einige Minuten und lasse den Tag noch einmal Revue passieren. Ich entzünde erneut zwei Kerzen und wiederhole meine Gebete vom Morgen. Direkt gegenüber der Kirche befindet sich das Pfarramt, wo ich einen Stempel für meinen Pilgerausweis erhalte. Dann wird es Zeit für mich, zum Zentralen Busbahnhof zu gehen. Da der Bahnhof von Wittlich im Stadtteil Wengerohr liegt, muss ich dorthin mit dem Bus fahren. Ich habe zunächst Pech, denn ich verpasse den ersten Bus nur um wenige Minuten. Jetzt heißt es, eine gute halbe Stunde zu warten. Ich nutze die Zeit und besorge mir in einem Supermarkt etwas zu trinken, denn meine Vorräte sind so gut wie aufgebraucht. Der nächste Bus lässt dann nicht mehr lange auf sich warten und cirka zehn Minuten später steige ich schon wieder aus. Am Bahnhof bin ich erfreut über einen türkischen Imbiss. Ich kaufe mir einen Döner gegen meinen aufkommenden Hunger und sitze nur einen Augenschlag später im Zug nach Koblenz.

 

   

 

Von Wittlich nach Klüsserath (24. Juli 2011)

Meine Familie fährt heute, am Vortag des Jakobusfestes, für ein paar Tage nach München. Ich nutze daher den Tag, um letzte Recherchen für den Pilgerführer des Eifel-Camino  zu erledigen. Die Wegführung von Wittlich bis nach Klausen ist nämlich noch keiner aus dem Autorenteam selbst gelaufen. Die Beschreibung dieses Abschnittes erfolgte bisher nur auf der Grundlage von Kartenmaterial. Ich muss sehr früh aufstehen, um 6.22 Uhr fährt bereits der Zug nach Wittlich. Es regnet draußen, zwar nur leicht, aber beständig. Ich entscheide mich deshalb für einen Stockschirm anstelle meines Pilgerstabes als Begleiter. So erreiche ich einigermaßen trocken den Bahnhof, wo die Regionalbahn bereits wartet. Weil bei jedem Ort mit Bahnhof angehalten wird, dauert die Fahrt sehr lange. In Wittlich muss ich noch einige Minuten auf den Bus warten, der mich ins Stadtzentrum bringt. Vom Busbahnhof gehe ich direkt zur Markus-Kirche, wo ich starten werde.

Aus dem Inneren der Kirche höre ich Orgelspiel und Gesang. Schade, ich wäre gerne zum Beginn des Pilgertages kurz in die Kirche gegangen, aber ich möchte den laufenden Gottesdienst nicht stören. Der Regen ist etwas stärker geworden. Ich werfe meinen Poncho über und marschiere los. Der Beginn des Weges ist durch eine Stele aus heimischem Sandstein markiert. Darauf ist eine gelbe Jakobsmuschel auf blauem Grund eingraviert. Darunter gibt ein Pfeil die Richtung vor. Ich verstehe allerdings nicht, warum man die Pfeile im unüblichen Blau statt in Gelb gestaltet hat. Diese Wegweiser wurden erst vor wenigen Tagen im Stadtbereich von Wittlich aufgestellt. Nach der Überquerung des Flüsschens Lieser laufe ich an der katholischen Pfarrkirche St. Bernhard vorbei, die in den Jahren 1953  - 1955 erbaut wurde. Über den „Klausener Weg“ verlasse ich Wittlich, unterquere die L 141 und habe zwischen zwei Gehöften den ersten Anstieg für heute vor mir. Kurz darauf erreiche ich die Schwarze-Mutter-Gottes-Kapelle, die im Gedenken an die Pest während des 30-jährigen Krieges Mitte des 17. Jahrhunderts errichtet wurde. Nur wenige Meter weiter befindet sich die Heilig-Kreuz-Kapelle aus dem Jahre 1712, auch Kapelle zu den vierzehn Nothelfern genannt. Bevor ich weiter in den Wald hineingehe, entdecke ich zur Linken noch einen Bildstock mit einer Schmerzhaften Muttergottes. Der Weg führt weiterhin leicht ansteigend immer geradeaus durch Laubwald. Am Ende öffnet sich der Horizont, umgeben von Fichten, und ich laufe parallel zur A 1 in Richtung Trier. Ich gehe durch die Unterführung und halte mich weiter nach rechts. An einem Gedenkstein mit Bank macht der jetzt asphaltierte Weg einen Linksknick. Auf dem Boden ist mit einem Pfeil deutlich das Ziel Klausen aufgepinselt worden. Hinter einem Hügel schaut die Kirchturmspitze von Altrich hervor und von einer Weide aus werde ich mit Argusaugen von einer Rinderherde beobachtet. Nur wenige Meter weiter befindet sich mitten im Feld eine Brücke, die wohl irgendwann einmal an das Wittlicher Autobahnkreuz angeschlossen werden wird. Ich umlaufe in einem großzügigen Bogen das Autobahnkreuz, durchquere ein größeres Waldstück und laufe direkt auf die Bahnlinie nach Trier zu. Kurz vor einer Brücke über die Schienen muss ich aufpassen, nicht mit einigen Weinbergschnecken zu kollidieren. Nach einem Linksknick bewege ich mich auf einen Wald zu und erreiche die L 52, deren Verlauf mit der historischen Römerstraße identisch ist. Von hier aus ist der Wallfahrtsort Klausen schon gut zu sehen.

Kurz darauf stoße ich auf einen asphaltierten Fahrradweg, der mich durch eine Allee mächtiger Bäume nach Pohlbach bringt. Mitten im Ort finde ich die Pohlbacher Filialkirche, deren Bau 1888 begonnen wurde. Früher gehörte Pohlbach zur Pfarrei Kirchhof/Altrich, seit 1809 zu Klausen. Bis dahin ist es jetzt nicht mehr weit. Ich folge der „Wittlicher Straße“ bergauf bis zu einer Kreuzung. Dort treffen der Eifel-Camino und der Mosel-Camino zusammen und hier wurde aus diesem Anlass vor zwei Jahren ein Pilgerstein eingesegnet. Direkt daneben befinden sich die heruntergekommen aussehenden Gebäude des im Jahre 2000 aufgegebenen Dominikanerinnen-Klosters. An der Kopfseite und oberhalb der Kreuzung ist die Wallfahrtskirche. Aber auch hier findet zurzeit ein Gottesdienst statt, den ich nicht stören möchte. Ich ziehe stattdessen meinen Poncho aus, um mir einen kleinen Snack aus dem Rucksack zu holen. Dabei stelle ich fest, dass meine Hose im Bereich des Gürtels und mein Hemd klatschnass sind. Zum Glück sind die Temperaturen nicht ganz im Keller. Nachdem ich mich gestärkt habe, werfe ich mir wieder den Poncho über, denn es regnet immer noch ein wenig. Auf meinem Weg in das Dörfchen Krames passiere ich die Eberhardsklause, die momentan zu einem Gemeindezen-trum mit integrierter Pilgerherberge umgebaut wird. Im kommenden Jahr soll eigentlich alles fertig sein. Ich statte noch dem alten Klostergarten einen kurzen Besuch ab. Auch hier gibt es neben dem schon angelegten Kräutergarten Pläne für die zukünftige Nutzung, die aber noch nicht umgesetzt sind. Am Wegesrand genieße ich die Aufmerksamkeit von zwei Pferden und bemerke beinahe gar nicht, dass die Wegweiser in Form der gelben Jakobsmuschel auf blauem Grund nun ein anderes Design haben. Das sind die Schilder des Mosel-Camino, die ab hier gleichbedeutend für die Pilger auf dem Eifel-Camino sind. Ich lasse auf der linken Seite den Blasiusbrunnen liegen und habe dann hinter der Kirche von Krames einen circa zwei Kilometer langen Anstieg vor mir.

Ich kenne diese Passage bereits von meiner Pilgerwanderung auf dem Mosel-Camino aus dem vergangenen Jahr. Irgendwie habe ich sie aber deutlich anstrengender in Erinnerung. An einem Zaun ist ein großes Schild angebracht, das dem naturverbundenen Wanderer in Versform den Wald mit einer Kirche vergleicht. Kurz vor dem Ende des Anstieges laufe ich durch eine Wildblumenwiese, die von Margeriten dominiert wird. Es geht im Prinzip immer geradeaus auf dem Hauptweg. Inzwischen habe ich mir den Poncho etwas hoch gerafft, in der Hoffnung, dass Hemd und Hose dabei trocknen. Es dauert nicht mehr lange, bis ich die kleine Waldkapelle erreiche. Hier habe ich mich im vergangenen Jahr im ausliegenden Besucherbuch eingetragen, den Spruch finde ich auch noch wieder. Ich setze mich für einige Minuten und studiere interessiert die nachfolgenden Einträge. Es gibt neben Danksagungen und Bitten an Maria noch mehr Geschriebenes von Jakobspilgern. Dabei entdecke ich auch eine Pilgerschwester und einen Pilgerbruder aus unserem Koblenzer Pilgertreff.

Der Eintrag von Chandra vom 27.08.2010 hat mich ganz besonders ergriffen, diesen gebe ich nachfolgend wieder:

„Der Jakobsweg als Weg an sich? Ja!

Als Weg zu Gott, Maria & Jesus? Ja!

Der Jakobsweg als Lebensweg (in klein), ein Abbild, so sehr wird einem bewusst, wie man so „tickt“.

Dadurch, dass alles entschleunigt ist.

Und die Natur! - Was für ein Zauber!

Wo sich Gott in seiner vollendeten Form zeigt.

Wie auch in Dir!
Nur begreifen - nein, im Herzen spüren müssen wir das endlich!
Danke für die Liebe!

Und danke für die Möglichkeit der Auferstehung!
Ich öffne wieder mein Herz und komme endlich wieder nach Hause. DANKE.“

Ich hinterlasse auch noch ein paar Zeilen und setze mich wieder in Bewegung. Kurz darauf biege ich nach rechts ab, durchlaufe einen Wald und stehe vor den ersten Weinbergen von Klüsserath. Es geht auf asphaltierten Wirtschaftswegen beständig abwärts. Vor dem ersten Haus biege ich nach links ein. Wenig später bin ich auf Höhe der Klüsserather Kirche. Dort muss ich feststellen, dass ich einen Weg zu früh abgebogen bin. Ich habe aber keine Lust auf einen Umweg und gehe vorsichtig zwischen den Reben zwei Terrassen nach unten. Hier stoße ich auch auf die Treppe, die direkt vor die Kirche führt. Hier endet die heutige Etappe auf dem Eifel-Camino. Ich laufe jetzt durch den Ort in Richtung Bundesstraße. Dort soll eine Bushaltestelle sein. Meine Recherche im Vorfeld hat ergeben, dass gegen 16 Uhr ein Bus nach Trier fährt. Von dort könnte ich mit dem Zug nach Koblenz fahren und gegen 19.30 Uhr zu Hause sein. Es ist jetzt aber erst 12.45 Uhr. Zum Glück fährt in fünfundvierzig Minuten ein Bus nach Bernkastel-Kues mit Anschluss nach Bullay. Mit ein bisschen Geduld beim Warten auf die Anschlussverbindungen stehe ich tatsächlich schon gegen 18.00 Uhr vor meiner Haustüre. Es war heute ein aufschlussreicher Tag, mit der Erkenntnis, dass die ursprüngliche Beschreibung des Pilgerweges bereits zu achtzig Prozent stimmig war. 

 

   

 

Von Klausen nach Schweich (18. März 2012)

Nachdem ich bei den beiden Pilgerwanderungen der St.-Matthias-Bruderschaft Mayen im vergangenen Jahr nicht dabei sein konnte, habe ich mir für die inzwischen achte Etappe keinen anderen Termin in den Kalender geschrieben. Vorgesehen ist der Abschnitt von Klausen bis Schweich. Ich fahre früh am Morgen nach Klausen, denn es geht bereits um 9:00 Uhr los. Auf dem Weg vom Parkplatz zur Wallfahrtskirche statte ich der erst vor wenigen Tagen eröffneten Pilgerherberge einen kurzen Besuch ab. In der Kirche treffe ich einige bekannte Gesichter, die herzlich begrüßt werden. Franz ist eifrig dabei, den zahlreichen Teilnehmern den Pilgerstempel von Klausen in den Ausweis zu drücken. Ich selbst benötige auch einen neuen Ausweis, denn mein anderer hat kein freies Stempelfeld mehr. Von unserem Pilgerforum ist heute nur Petra dabei. Mit ihr werde ich große Teile der Strecke gehen und mich mit ihr über ihre Pilgerherberge unterhalten.

Pünktlich beginnt die kurze Andacht mit der Begrüßung durch den Brudermeister Heinz Schäfer. Danach spricht Pater Albert zu der Pilgergemeinde und erteilt für den heutigen Tag den Pilgersegen. Das Motto für die Pilgerwanderung lautet „den Aufbruch wagen“, und so marschiert schließlich eine Hundertschaft los. Es geht zunächst von Klausen nach Krames und dort ein mir bereits von früheren Touren bekanntes Steilstück hinauf. Unterwegs unterhalte ich mich ein wenig mit Wolfgang Welter, mit dem ich hin und wieder per Mail Kontakt hatte. Er ist einer der treibenden Kräfte des Mosel-Caminos und hat gerade erst eine neue, sehr informative und übersichtliche Website hierzu freigeschaltet. Dann laufen wir an einem Zaun vorbei, an dem ein Schild mit einem tiefsinnigen Spruch angebracht ist. Es wird aber von den meisten im wahrsten Sinne des Wortes „links liegen gelassen“:

„Es ist der Wald wie eine Kirche, drum geh mit Andacht du hinein,

Dort singen Vögel fromme Lieder, mit Deinem Gott bist du allein.

Dort schau dich um ringsum im Kreise, wo stolz die Waldriesen stehn,

Du wirst die Allmacht Deines Gottes an jedem Baum und Strauche sehn.

Du wirst verstehn der Bäume lispeln, der Vögel Stimmen ringsumher.

Es liegt im Wald ein tiefer Zauber, es stärkt das Herz, wenn es Dir schwer.

Es stehn die Tore allzeit offen, zu diesem duftigen Hain.

Kannst weinen, beten dort und hoffen, und auch vergessen, tritt nur ein!“

Kurz dahinter versammelt sich die Gruppe, um einem thematischen Impuls zuzuhören. Am Ende der Steigung öffnet sich uns auf einem Hochplateau ein wunderschöner Rundblick in die Umgebung. Wolfgang gibt uns eine Einweisung in die Landschaft, die heute leider aufgrund des trüben Wetters nicht in voller Gänze erkennbar ist. Wir tauchen nun in ein Waldgebiet ein und erreichen bald die Waldkapelle, wo es einen weiteren Impuls geben wird. Inzwischen hat es begonnen, leicht zu nieseln. Den meisten macht das nichts aus, denn sie sind entsprechend ausgerüstet oder halten einen Regenschirm in einer Hand. Hinter dem nächsten Abzweig haben wir schon Blickkontakt zu einer Grillhütte, wo wir vom Versorgungsteam in Empfang genommen werden. Hier machen wir eine Pause und uns werden Kaffee, Tee oder Kaltgetränke angeboten. Bald drängen die ersten wieder zum Aufbruch, denn wir werden in Klüsserath erwartet. Durch Weinberge laufen wir talwärts an den idyllischen Ort an der Mosel. In der katholischen Kirche Maria Rosenkranzkönigin nehmen wir Platz, singen gemeinsam ein Lied und hören einen weiteren Impuls. Der Organist lässt es sich zum Abschied nicht nehmen, uns noch ein Ständchen zu bringen. Im gegenüberliegenden Bürgerhaus haben wir die Gelegenheit, einen köstlichen Eintopf für kleines Geld zu uns zu nehmen. Vor mir baut sich schließlich eine lange Pilgerschlange auf, denn ich habe den Pilgerstempel von Klüsserath in der Hand und befülle damit die mir vorgelegten Pilgerausweise. Nach der Mittagsrast ist es Zeit, wieder aufzubrechen, allerdings nicht ohne das obligatorische Gruppenphoto zu schießen. Es baumeln plötzlich vor dem Bürgerhaus zahlreiche Kameras an meinem Handgelenk und ich betätige die unterschiedlichsten Auslöser. Schließlich finde ich auch noch einen Mitpilger, der mit meiner Kamera ein Bild macht, auf dem ich selbst drauf bin.

Die weitere Strecke weicht von der eigentlichen Markierung ab. Wir begeben uns auf einen Fußweg entlang der B53 und lassen damit ein steileres Wegstück aus. An der nächsten Kreuzung biegen wir in die L48 ein und verschwinden kurz darauf wieder in einem ausgedehnten Waldstück. Auf den nächsten sechs Kilometern geht es beständig bergauf und die Gruppe zieht sich weit auseinander. Am Zitronenkrämerkreuz machen wir eine kurze Verschnaufpause einschließlich Impuls. Leider wird nicht gewartet, bis die letzten Teilnehmer den Anstieg hinter sich gebracht haben. So bleibe ich etwas zurück und nehme die etwas Langsameren „an die Hand“. Am höchsten Punkt wartet der Rest am Landwehrkreuz auf dem Hummelsberg zu einem weiteren Impuls. Ab hier geht es nur noch abwärts. Wir laufen am Waldrand entlang und haben einen wunderschönen Blick nach Longuich und auf die Mosel. Durch Weinberge schlängelt sich die Menschenkette nach Schweich. Die katholische Pfarrkirche St. Martin ist das Ziel. Die Abschlussandacht mit Pfarrer Dr. Ralph Hildesheim reflektiert noch einmal das Motto des Tages „den Aufbruch wagen“. Anschließend haben wir die Gelegenheit, uns im Pfarrheim von den Messdienern mit Kaffee und Kuchen verwöhnen zu lassen. Wie immer bei diesen Pilgertagen werden wir mit Bussen zum Ausgangsort gefahren. In Klausen verabschieden wir uns voneinander und fahren nach Hause. Im Herbst werden wir auf unserer letzten Etappe die Abtei St. Matthias in Trier erreichen.

 

   

 

 
 

 

 

 

 

 

   
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