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Camino Francés 2024

   

  Datum Strecke Länge Gesamtlänge
1. 19.07.2024 Saint-Jean-Pied-de-Port - Roncesvalles
26 km
26 km
2. 20.07.2024
Roncesvalles - Zubiri
22 km
48 km
3. 21.07.2024
Zubiri - Pamplona
20 km
68 km

 

 

 

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Eine andere Welt über den Wolken

Freitag, 19. Juli 2024: Von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Roncesvalles (25,4 km)

Gestern haben wir von der Via Lemovicensis kommend in Saint-Jean-Pied-de-Port erreicht und damit die Durchquerung von Frankreich abgeschlossen. Heute starten wir den Camino Frances. Wir haben unseren Mitbewohnern gestern Abend schon mitgeteilt, dass wir sehr früh die Unterkunft verlassen, aber möglichst wenig Lärm machen werden. Kurz vor 5:00 Uhr sind Jörg und ich wach und gehen runter ins Erdgeschoss, um alles in die Rucksäcke einzupacken. Wir sind rasch fertig und gerade in dem Moment, als wir starten wollen, drückt uns Sandrine noch ein Päckchen in die Hand. Der Ersatz für das Frühstück besteht aus O-Saft, Croissants, Äpfeln, Eiern und Magdalenas. Damit hätten wir jetzt nicht gerechnet. Wir verabschieden uns von ihr und ihrem Mann und beginnen den heutigen Tag in der Dunkelheit um 5:45 Uhr an der Porte de Saint-Jacques. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, endlich durch dieses Tor zu gehen, das ich bisher nur aus Videoclips oder Filmen kannte. Der Camino Frances kann beginnen.

Rasch überholen wir vier weitere Pilger, wovon einer einen sehr hoch gestapelten Rucksack mit sich führt und gleich den Namen Hightower zugewiesen bekommt. Zunächst ist die Strecke sehr human und nur leicht ansteigend. An einem Snackautomaten sortieren wir unsere Frühstückspäckchen, die wir bisher in der Hand gehalten haben. Einiges vom Inhalt wird jetzt gegessen, anderes wird im Rucksack zwischengelagert. Erst bei Kilometer 4 geht es erstmals sehr anstrengend steil aufwärts bis zur Albergue Hunto. Auf diesem Kilometer müssen wir bereits 150 Höhenmeter bewältigen, die vor allem Jörg zu schaffen machen. An der Herberge machen wir einen ersten Stopp. Momentan ist es etwas bedeckt und nebelig bei circa 20 Grad und drückend. Drückend macht sich auch der Rucksack bemerkbar, der der Schwerkraft folgend lieber nach hinten unten zieht als vorwärts und aufsteigend. Je höher wir kommen, desto dichter wird der Nebel, feinste Tropfen kühlen zwar ein wenig ab, aber durchnässen auch die Oberbekleidung.

Um 8:00 Uhr je erreichen wir nach weiteren 320 Höhenmetern bei Kilometer 7,5 die Albergue Orisson. Jörg ist so durchgeschwitzt, dass er sein Shirt auswringen und wechseln muss. Da kommt ein gehöriger Schwall Flüssigkeit heraus. Es ist Zeit für ein Frühstück, ein Baguette mit Schinken und Käse erscheint für uns beide angemessen. Jörg bringt seinen Flüssigkeitshaushalt wieder mit einem Liter Wasser ins Gleichgewicht. Nach vierzig Minuten wird es Zeit, weiterzuziehen. Es dauert jetzt nicht mehr allzu lange, bis sich der Nebel verzieht und die Sonne immer intensiver hervorkommt. Wir durchbrechen die Wolkendecke und tauchen in eine völlig andere Welt ein. Unter uns schwebt eine dicke Wolkenschicht, über uns strahlt ein blauer Himmel, der nur selten von einzelnen Wolken bevölkert wird. Es herrscht eine angenehme Ruhe, die nur hin und wieder von Vogelgezwitscher und leichtem Wind durchbrochen wird. In der Ferne hört man Kuhglocken, die aber tatsächlich an den Hälsen von Pferden baumeln.

Um 9:30 Uhr erreichen wir bei Kilometer 11,5 einen besonderen Platz. Drei Männer verteilen Bibelsprüche in verschiedenen Sprachen an die Pilger. Einer überlässt Jörg sogar eine Flasche Wasser. Nur wenige Schritte am Hang steht aber auch die Figur der Virgen de Biakorri, eine Mutter Gottes-Statue mit einem wunderschönen Ausblick ins Tal. Hier habe ich eine besondere Mission zu erfüllen, denn ich habe einem Pilgerfreund versprochen, einen besonderen Stein für einen kürzlich verstorbenen Familienangehörigen auf dem Camino abzulegen. Dieser Ort erscheint mir einfach am geeignetsten, um für ihn und seine Familie zu beten. Er möge in Frieden ruhen.

Bei Kilometer 15 erreichen wir den Foodtruck in der Nähe des Cruz de Thibault. Während die meisten Pilger sogar ohne Gruß vorbeiziehen, legen wir eine kurze Pause ein und sind sehr dankbar, hier etwas zu trinken zu bekommen. Einen Stempel für den Pilgerpass gibt es außerdem noch dazu. Hinter dem Kreuz verlassen wir die Straße und biegen steil auf einen Wiesenweg ab, der kurzzeitig von drei Schafen versperrt wird. Schon wieder hören wir Glocken und es sind erneut Pferde, die am Refugio Izandorre, einer behelfsmäßigen Unterkunft für in Not gekommene Pilger, nach Futter suchen. Anschließend geht es etwas flacher durch schattigen Wald, wo wir an der Rolandsquelle vorbeilaufen und die französisch-spanische Grenze ganz unspektakulär überschreiten.

Gegen 12:30 Uhr erreichen wir nach einem letzten Anstieg den Helppoint Lepoeder auf 1435 Meter Höhe und legen wie ein paar andere Pilger eine Trinkpause ein. Wir entscheiden uns hier, anstatt den regulären, aber deutlich schwierigeren Abstieg, lieber die Route über den Ibañeta-Pass zu nehmen. Der ist wesentlich einfacher zu bewältigen und nur circa 400 Meter länger. Den Pass nutzte schon Karl der Große, und da wollten wir nicht unbedingt nachstehen. An der Stelle der heutigen Kirche San Salvador existierte früher ein Pilgerhospital. Es geht jetzt nur noch abwärts und um 14:00 Uhr kommen wir nach 25,4 Kilometern in Roncesvalles an. Insgesamt sind wir heute 1389 Meter rauf- und 588 Meter runtergelaufen.

Wir werden von den niederländischen Hospitaleros sehr herzlich aufgenommen und beziehen erschöpft aber glücklich unsere zugewiesene Kabine, in der vier Pilger Platz finden. Nach dem Duschen bringen wir unsere Wäsche weg, die in circa neunzig Minuten abholbereit sein wird. Die Zeit nutzen wir für die Zufuhr von Elektrolyten. Auf dem Weg zur Bar treffen wir Erik und den Dänen, die nicht viel später als wir in Roncesvalles eingetroffen sind. Ich bin sehr froh, dass die Flüssigkeitszufuhr in Form von Estrella Galicia - meinem bevorzugten „Pilgerbier“ aus Galicien - erfolgen kann. Einen „kleinen“ Snack gibt es auch noch dazu - ein Baguette mit Tintenfischstäbchen. 

Anschließend wollen wir die gewaschenen Sachen abholen, da kommt gerade ein Spanier in den Wäscheraum und beschwert sich, er habe die falschen Kleidungsstücke bekommen. Es sind natürlich unsere, die wir ihm gerne abnehmen. Nach dem Abendessen - wir sitzen mit zwei Amerikanern aus Florida zusammen - nehmen wir noch am Gottesdienst mit Pilgersegen teil.

Wichtige Erkenntnis des Tages: mit dem Grenzübertritt hat sich der Preis für ein großes Bier nahezu halbiert.

       

 

 

 

Camino Frances nimmt Fahrt auf

Samstag, 20.07.2024: Von Roncesvalles nach Zubiri (21,9 km)

Gestern war die Albergue von Roncesvalles richtig gut belegt. Die niederländischen Hospitaleros sprachen von 60 Pilgern (so haben Jörg und ich es verstanden), zwei Betten wären noch frei gewesen. Bei einer Kapazität von 183 gemäß dem Internetportal Gronze erschien uns diese Zahl aber deutlich zu gering. Das sehen wir auch heute, es sind sehr viele Menschen unterwegs. Gestern sind z.B. rund 2.000 Pilger in Santiago de Compostela angekommen, das waren vor ein paar Wochen schon einmal die Hälfte mehr. Aber da hilft kein Nörgeln, denn wir sind ja selbst auch ein Teil dieser Pilgermasse. Uns beiden macht es jedenfalls nichts aus, wenn um uns herum weitere Pilger auf dem gleichen Weg wie wir unterwegs sind.

Nervig ist allerdings, wenn die ersten für 4:30 Uhr ihren Wecker stellen und beim Packen ihrer Sachen lärmig sind. Und lautes Reden kommt bei allen, die noch nicht bereit zum Aufstehen sind, überhaupt nicht gut an. Vielleicht lernen diese Störenfriede in den kommenden Tagen noch, wie es sich geziemt. Wir sind erst eine gute Stunde später soweit, unsere Siebensachen zu suchen. Auch unsere beiden spanischen Kabinennachbarinnen erwachen jetzt erst aus ihrem Tiefschlaf. Um 6:00 Uhr gehen sämtliche Lichter an und aus den Lautsprechern ertönen gregorianische Gesänge - allgemeines Wecken. Zum Frühstück sind wir etwas zu früh dran, das wird in der Casa Sabina erst ab 7:00 Uhr serviert. Wir sitzen dort mit den beiden amerikanischen Pilgern vom Abend zusammen und quatschen wieder viel miteinander. Bereits eine Viertelstunde später stehen wir allerdings in den Startlöchern zur zweiten Etappe des Camino Frances, aber auch unserer vorletzten Etappe für dieses Jahr. Zuvor werfen wir noch einen Blick in die Jakobus-Kapelle aus dem 12. Jahrhundert und posieren für ein Foto an einem Monolithen mit der Entfernungsangabe 755 km bis Santiago.

Wir reihen uns ein in die Pilgerschar und durchstreifen zunächst ein Waldgebiet, um danach durch kleinere Städte mit dem typisch baskischen Baustil zu laufen. Die Infrastruktur ist inzwischen richtig gut, es gibt ausreichend Wegweiser und an jeder Ecke findet man Unterkunftsmöglichkeiten oder eine Bar für einen Kaffee oder einen Snack. Wir nutzen das in Espinal nach 6,5 Kilometern aus, die in rund neunzig Minuten wie im Fluge vergehen. In der Bar Basque Irati trifft man bereits bekannte Gesichter, aber auch sehr viele neue. Es kommt das gewohnte Pilgergefühl auf, und man selbst ist mitten drin.

Es folgt eine sehr naturbelassene Passage, mit schattenspendenden Blätterdächern über den Köpfen. Hin und wieder kreuzen wir eine Straße, auf der ständig Radsportler in hohem Tempo an uns vorbeirauschen. Für die Vuelta - die Spanien-Rundfahrt - ist es noch zu früh. Es scheint sich um eine Art Rad-Touristik-Fahrt zu handeln. Wir kommen gut voran und erreichen gegen 10:20 Uhr das Örtchen Gerendiain bei Kilometer 11,5. Dort spricht uns die Taverne El Dragón Peregrino an, wo wir eine längere Pause bei leckerem Craftbier aus der Region und einem Stück Spinat-Quiche einlegen.

So genau haben wir uns heute nicht mit dem Höhenprofil beschäftigt, denn noch im gleichen Ort beginnt eine Steigung, die annähernd so schweißtreibend wie gestern sein wird. Dabei überholen wir mehrere Asiatinnen, die sich dick verpackt und vermummt wie im tiefsten Winter den Berg hochquälen. Wir muntern sie mit einem freundlichen „Buen camino“ auf.  Schließlich erreichen wir den Alto de Erro, wo nicht nur der anscheinend immer dort stehende Foodtruck vorhanden ist. Heute gesellt sich noch ein Verpflegungspunkt für die Radsportler dazu. Obwohl schon das Schlussfahrzeug sowie nur noch eine Handvoll Athleten anwesend sind, gibt es für uns durstige Pilger nichts. Dafür bekommen wir halt vom Foodtruck etwas Flüssigkeit. Es folgt zum Abschluss des Tages ein längerer Abstieg, der sehr anspruchsvoll ist. Durch uralte Verwerfungen des Gesteins wirkt der felsige Untergrund zerfurcht und gleichzeitig nicht ungefährlich. Wir beide gehen sehr vorsichtig, aber auch zügig abwärts, und laufen gegen 13:35 Uhr erreichen die mittelalterliche Brücke von Zubiri über den Rio. Zu unserem Erstaunen haben wir heute mit 818 Metern sogar mehr negative Höhenmeter im Vergleich zu gestern gemacht, das waren „nur“ 588.

Unsere Albergue Secundo Etapa liegt schräg gegenüber der öffentlichen Herberge. Von der Inhaberin werden wir darauf hingewiesen, dass der nahegelegene Supermarkt in einer halben Stunde bereits schließt. Deshalb verschieben wir auf ihr Anraten die Aufnahme in der Herberge bis nach dem Einkauf. Wir besorgen uns etwas Brot und Salami und Getränke für heute Abend. Nach der Überprüfung der Einkehrmöglichkeiten auf der morgigen Strecke ändern wir noch einmal das kulinarische Programm. Heute Abend gehen wir etwas essen und heben uns den Rest für unterwegs auf. Anschließend beziehen wir endlich unsere Vier-Mann-Stube, auf der bereits ein ungarischer Pilger einquartiert wurde. Den Rest des Nachmittags nutzen wir zur Entspannung und lassen unsere Wäsche waschen.

Gegen 16:30 Uhr gehen wir kurz zum Rio Arga, treffen dort Erik und den Dänen und genießen, wie die Kühle des Wassers in der leichten Strömung den beanspruchten Füßen gut tut. Danach wollen wir in der Bar Valentin für das Abendessen reservieren. Wir haben Glück, denn die Küche schließt in wenigen Minuten und so wir aus der versuchten Reservierung direkt das Abendessen. So bekommen wir doch noch den Bauch gefüllt und philosophieren mit Engländern, Iren und Spaniern über die Fußball-EM. 

     

 

 

 

Alleine unterwegs - wo sind nur die anderen?

Sonntag, 21.07.2024: Von Zubiri nach Pamplona (20,1 km)

Gestern haben wir im Ort mehrere humpelnde Pilger gesehen, die anscheinend muskuläre Probleme oder Blasen an den Füßen hatten. Davon sind wir bisher verschont geblieben. Lediglich auf unserer ersten Pilgertour 2011 hat sich Jörg einige eingehandelt. Heute beteiligen wir uns erstrmals am Wettrennen um freie Betten. Eigentlich wollten wir erst gegen 5:30 Uhr aufstehen und uns fertig machen. Wir sind aber schon eine halbe Stunde früher wach und da macht es keinen Sinn, sich noch einmal umzudrehen. Wir greifen unsere vorbereiteten Päckchen und begeben uns leise zwei Stockwerke tiefer in die Küche im Erdgeschoss. Um 5:40 Uhr stehlen wir uns aus dem Haus und beginnen unsere letzte Etappe für dieses Jahr. Es ist noch dunkel und es fällt zuächst schwer, sich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Auf den ersten Kilometern helfen die Taschenlampe des Smartphones und die Stirnlampe eines hinter uns gehenden Engländers, der uns aber bald überholt. Mit zunehmender Dauer erhöht sich die Trittsicherheit, sodass keine zusätzliche Beleuchtung mehr erforderlich ist.

Am einem Magnesiumwerk fehlt eine Markierung, sodass wir zunächst nicht wissen, wo es entlang geht. Dann sehen wir in der Ferne den englischen Leuchtturm und gehen ihm einfach nach. Noch gestern bekam ich von Günter aus der Heimat einen entsprechenden Hinweis zu dieser Stelle, die nicht eindeutig erkennbar ist. Ein kurzer Anstieg in das noch verschlafene Akerreta und wir setzen erstmals die Rucksäcke für eine Entspannung ab. Es folgt eine schöne Passage unmittelbar am Ufer des Rio Arga, der uns den Rest des Tages bis Pamplona mehr oder weniger nahe begleiten wird.

In Zuriain bei circa km 10 überqueren wir erstmals den Rio Arga und freuen uns, dass hinter der Brücke die Bar La Parada Zuriain gerade um 8:00 Uhr geöffnet hat. Es sitzen sogar schon vier Pilger an den Tischen und nehmen ein Frühstück zu sich. Das machen wir auch und bestellen uns ein Stück Zucchini-Tortilla, die hervorragend schmeckt. Bereits nach einer Viertelstunde sind wir wieder auf dem Camino. Im Gegensatz zu gestern sind weit und breit  keine weiteren Pilger mehr zu sehen. Da fragen wir uns schon, wo die vielen von gestern alle gebeiebn sind. Uns begegnen heute nur ein paar Läufer, Mountainbiker und Wanderer. 5 Kilometer weiter absolvieren wir den letzten Anstieg des Tages und finden auf dem höchsten Punkt einen improvisierten Getränkestand vor. Trotz der kühlen Temperaturen um die 16 Grad und einem böigen Wind ist ein kaltes Getränk jetzt willkommen.

Ein Stück abwärts sind wir wieder am Rio Arga und laufen über eine mittelalterliche Brücke. Dahinter entdecken wir einen Hinweis auf einen Pilgerstempel, der sich tatsächlich im Vorraum der Igreja Trinidad de Arre aus dem 12. Jahrhundert befindet. Jetzt ist es nicht mehr weit. Der Weg führt durch zwei weitere ineinander übergehende Gemeinden und endet hinter einer Pferdezucht wieder am Rio Arga. Der Fluss wird mittels sehr niedriger Überquerungshilfen überwunden. Unmittelbar dahinter finden wir die Casa Paderborn vor, die wir gegen 10:45 Uhr erreichen. Netterweise öffnet Hospitalero Herrmann die Tür und wir dürfen schon einmal unsere Rucksäcke in der Herberge abstellen. Bis zur offiziellen Öffnungszeit um 13:00 Uhr schauen wir uns ein wenig in Pamplona um und erkunden den Transportweg zum Flughafen. Ein Besuch in der Kathedrale muss auch sein. Der fällt jedoch knapp aus, da gerade ein Gottesdienst beginnt. Außerdem erkunden wur, mit welchem Bus wir morgen zum Flughafen fahren könenn.

Ein Bier später tauchen wir wieder in der Casa Paderborn auf und werden jetzt vom zweiten Hospitalero Karl begrüßt. Nach der Erledigung aller Formalitäten unterhalten wir uns sehr nett, bis die nächsten Pilger kommen. Die Herberge wird heute nicht vollständig belegt sein. Wir hätten wahrschenlich deutlich später in Zubiri aufbrechen können. Aber weiß das schon? Unser Ziel war es, in der Casa Paderborn zu übernachten, und das haben wir geschafft. Am Abend laufen wir noch einmal ins Zentrum von Pamplona und suchen uns ein nettes Restaurant für ein zünftiges Abschlussessen. Das finden wir auch gleich in der Nachbarschaft der Engländer von gestern Abend.

     

 

 

 

Es gibt keine Zufäle - oder doch?

Montag, 23.07.2027: Heimreise

Heute verlassen wir den Camino Frances, es geht nach zwei erlebnisreichen Wochen wieder zurück in die Heimat. Es fühlt sich schon ein wenig leer auf Rücken und Schulter an. Mein Rucksack und ich sind in den vergangenen vierzehn Tagen wieder richtig gute Freunde geworden. Erst im nächsten Jahr werden wir erneut zusammenkommen.

Um sechs Uhr ertönt aus dem Lautsprecher im Flur der Casa Paderborn sanfte Aufwachmusik von Vangelis. Es kommt allmählich Leben in die Bude. Jörg und ich können uns etwas Zeit lassen, denn wir werden unser Frühstück als letzte einnehmen. Es gibt nur zwölf Plätze im Aufenthaltsraum, und es sind dreizehn Personen zum Frühstück angemeldet. Wir haben ja heute keinen Eile, denn unser Flug von Pamplona nach Madrid ist für 13:55 Uhr vorgesehen. Die meisten Übernachtungsgäste haben sich schon auf den Weg gemacht, während wir unsere Rucksäcke von Grund auf neu packen. Wir sind beim Frühstück nur noch zu dritt und genießen es. 

Hermann und Karl beginnen schon mit ihren täglichen Aufgaben in der Herberge und verabschieden uns schließlich um kurz nach 8:00 Uhr. Sie bieten uns zwar an, die Rucksäcke später abzuholen, wir möchten aber ihre Abläufe nicht stören. Stattdessen gehen wir durch die allmähliche erwachende Stadt in Richtung Busbahnhof. Es dauert auch nur wenige Augenblicke, bis die Linie 16 erscheint und uns aufnimmt. Es sind lediglich sechs Haltestellen bis zur Rotanda Polígono Noáin-Esquíroz. Dort steigen wir aus und müssen noch ein wenig zu Fuß an einer Zufahrtsstraße zum Flughafen entlanggehen. Eine direkte Busverbindung dorthin gibt es nicht mehr, wahrscheinlich wegen der geringen Anzahl an Flugbewegungen. Allein heute starten noch neben unserem Flug zwei weitere, Landungen sind ebenfalls nur noch zwei vorgesehen.

Kurz nach 9:00 Uhr kommen wir in der kleinen Abflughalle an und nehmen eine längere Warteposition ein. Wir verkürzen die Zeit mit einem Snack und einem Getränk und warten weiter. Jörg verpackt inzwischen seinen Rucksack mit dreißig Metern Frischhaltefolie. Um 11:00 Uhr dürfen wir endlich unser Gepäck abgeben. Und wieder dauert es eine Weile, bis der Sicherheits-Check öffnet. Mit Blick auf die Rollbahn verfolgen wir per Flightradar die Reise unserer Maschine, die aus Madrid angeflogen kommt und uns dorthin bringen wird. Unser Flug startet planmäßig um 13:55 Uhr und bereits 38 Minuten später landen wir in Madrid.

Etwas schwieriger wird es mit dem Anschlussflug. Auf dem Abflugtableau wird unser Flug nach Frankfurt zwar angezeigt, aber ohne Gate. Das bleibt auch so bis zehn Minuten vor dem geplanten Boarding. Dann erscheint eine Meldung, dass der Flug um fast eine Stunde verschoben wird. Gleichzeitig trudelt auch eine Mail gleichen Inhalts ein. Leicht verspätet hebt die A320 NEO von Iberia ab und gleitet auf knapp 11.000 m Höhe mit einer Geschwindigkeit von 770 km/h quer durch Frankreich und über die Schweiz nach Frankfurt, wo wir nach nicht ganz 2:20 Stunden um 19:23 Uhr landen. 

Wir müssen über eine halbe Stunde auf unser Gepäck warten und fahren anschließend mit dem Shuttle zum Terminal 1. Jörg und ich verabschieden uns wieder einmal nach zwei harmonischen Wochen auf dem Jakobsweg und freuen uns schon auf die Fortsetzung im kommenden Jahr. Ich bin relativ schnell am Regionalbahnhof und kann dort einen ICE mit Umstieg in Mainz bekommen. Da die Deutsche Bahn mitten in der Urlaubszeit die ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Köln und Frankfurt zur Erneuerung von siebzig Kilometern Gleis gesperrt hat, kann ich nicht nach Montabaur fahren, wie es eigentlich geplant war. Auf dem Bahnsteig spricht mich eine ältere Frau an und bittet um Hilfe für ihre Verbindung - leider kann sie nur Spanisch. Meine Übersetzungsapp kann da aber gute Dienste leisten. 

Unmittelbar danach werde ich mit meinem Namen von der Seite angesprochen. Vor mir steht Matthias, den ich bestimmt seit dreißig Jahren nicht mehr gesehen habe. Ich glaube, zuletzt haben wir uns auf meinem Polterabend gesehen, wo er mit seiner Band gespielt hat. Wir haben uns viel zu erzählen und finden auch die Zeit dazu, denn zumindest bis Koblenz nutzen wir den selben Zug. Die Spanierin nehmen wir unter unsere Obhut, sie will in Köln eine Freundin treffen. 

Was wäre gewesen, 
wenn der Flieger in Madrid pünktlich gestartet oder
das Gepäck früher auf dem Band in Frankfurt angekommen wäre,
wenn wir nicht sofort den Shuttle zum Terminal 1 bekommen hätten oder
die Spanierin auf dem Bahnsteig mich nicht angesprochen hätte?
Die Welt hätte sich zwar weitergedreht, aber Matthias hätte ich nicht getroffen.
Das kann kein Zufall gewesen sein.

Um 22:30 Uhr fährt der Zug in den Koblenzer Hauptbahnhof ein und ich werde auf dem Bahnsteig von Susanne empfangen. Es ist schön, wieder zu Hause zu sein.

 

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